Eine Woche Südfrankreich

Durban

Manche Reisen hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Auch nach Jahren sind die Erlebnisse so lebendig wie eh und je. Wenn ich die Bilder aus Südfrankreich sehe, geht es mir so. Ich rieche noch den Geruch des Weinguts, auf dem wir gewohnt haben, spüre die Spätsommer-Sonne auf meiner Haut, höchste Zeit ein paar Erinnerungen herauszukramen.

von | Aug 31, 2018 | Geschichten & Berichte

Nach 15 Stunden Autofahrt und 1200 Kilometer Straße haben wir unser Ziel erreicht. Unser neues zu Hause liegt etwas außerhalb von Durban in den Bergen von Corbières, in der Nähe von Narbonne – knapp 100 Kilometer vor der Spanischen Grenze, ein paar Kilometer weg von der Mittelmeerküste im bergigen Hinterland, kurz in the Middle of Nowhere.

 

Man muss kein Food Blogger sein, um die schönen Dinge des Lebens genießen zu können. Die drei Herren, mit denen ich unterwegs bin, fahren hier schon seit Jahrzehnten hin. Sie wissen nicht einmal was Food Blogger sind, noch kennen Sie diesen Blog – nun ja, wir werden es an den Kommentaren sehen. Trotzdem verstehen sie viel von gutem Essen, Wein und Genuss und darum soll es hier in dieser Woche gehen – eine Männer Woche.

Der nächste Morgen zeigt mir zum ersten mal, wo ich gelandet bin. Wir sind zu Gast bei Simon. Er ist Winzer und lässt uns im Gästehaus seines Châteaus wohnen. Simon ist ein Franzose, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Er war ursprünglich Lehrer für Deutsch und Kunst, bis er seinen Job hingeschmissen hat und sich seither einzig und allein seiner wahren Leidenschaft, dem Wein, widmet. Seine Kellerei sieht so gar nicht nach edlem Wein aus und trotzdem produziert er hier einen biologischen Wein, der fantastisch ist. Wir werden in den kommenden Tagen viel Gelegenheit haben diesen zu probieren, denn Flaschen die nicht perfekt abgefüllt wurden sind in der Miete inklusive.

Käse, Schinken ein frisches Baguette und immer eine Flasche Wein. Hier muss man nicht mal Kochen um gut Essen zu können.

Gerade ist Weinlese. Simon erntet die Trauben zusammen mit 3 weiteren Arbeitern von Hand, da Maschinen hier keine Chance hätten. Die Weinstöcke sind uralt und hängen voll mit schweren roten Trauben.

Eigentlich ist „Wein machen“ nicht schwer. Die Trauben werden gepflückt, zermanscht, fangen an zu gären, der gegorene Saft kommt in Fässer und Tanks – zack fertig – Wein gemacht.

Die Kunst sind die feinen Nuancen dazwischen. Dazu braucht es jahrelange Erfahrung und sehr viel Fingerspitzengefühl und auch eine gehörige Portion Idealismus, um in dieser Gegend noch bestehen zu können. Viele Weinberge wurde von anderen Winzern bereits aufgegeben. Zu hart ist die Arbeit. Es hat seit Monaten nicht geregnet. Die Böden sind staubtrocken. Das bewirkt, dass die Trauben sehr viel Zucker haben, was wiederum beim Gären sehr viel Alkohol erzeugt, was dazu führt, dass die Hefe zu früh abstirbt und dass dann noch zu viel Restzucker vorhanden ist und und und…

Diese Diskussionen bekomme ich nur am Rande mit. Mein Französisch ist – sagen wir mal so – sehr optimierungsbedürftig. Matthias, der Simon schon seit Jahren kennt und fließend Französisch spricht, übersetzt für mich und erklärt mir auch die grundlegenden Zusammenhänge.

Simon bleibt trotz der Widrigkeiten aber gelassen. Bisher hat er immer eine Lösung gefunden. Für guten Wein braucht es Zeit und die nötige Gelassenheit. Chaque chose en son temps.

Für guten Wein braucht es Zeit und die nötige Gelassenheit. Chaque chose en son temps.

Austernessen in Leucate

Leucate liegt direkt am Mittelmeer. Mit dem Auto bauchen wir für die 40 Kilometer gut eine Stunde, um uns aus den Hügeln hinaus zu winden. Leucate ist bei Surfern und Kaitern sehr beliebt, da hier immer ein kräftiger Wind bläst. Wir sind aber nicht so sehr daran interessiert was über dem Wasser passiert, sonder was sich darin befindet.

Austernessen in Leucate

Hier in der Lagune von Leucate werden Muscheln und Austern gezüchtet und erntefrisch verkauft. Wie frisch die Austern sind liegt einzig und allein an der Geschwindigkeit der Bedienung, wie schnell sie die Bestellung an den Tisch bringt. Sie kommen tatsächlich direkt aus dem Wasser auf den Tisch.

Meine letzte Begegnung mit einer Austern, die ich in Berlin probiert habe, ist nicht gut ausgegangen. Diese hier sind was ganz anderes. Frischer und besser geht es nicht.

In der Tat kommen die Leute von überall her, um hier frische Austern zu essen. Am Rande des großen Parkplatzes reihen sich Hütte an Hütte. An der Wasserseite legen die kleinen Boote an und bringen frische Ware. In der Hütte werden die Austern gesäubert und nach Größe sortiert und auf der Terrasse dazwischen sitzen wir und genießen. Nun fast alle. Ich habe eine Auster probiert und will niemanden seinen Genuss mit meinen Assoziation madig machen. Nur so viel, wegen mir werden diese putzigen Tierchen nicht aussterben – versprochen. – Aber der Wein war gut ;)

Les Halles de Narbonne

Es gibt in Narbonne wie überall auch große Supermärkte mit einer beeindruckenden Auswahl an frischen Lebensmitteln. Bei dem dort gebotenem Angebot empfinde ich meine Heimat als kulinarisches Entwicklungsland.

Steigern lässt sich das aber durch einen Besuch in der Markthalle von Narbonne. Sie hat 365 Tage im Jahr von 7:00 bis 13:00 Uhr geöffnet. Mehr als 70 Vertreter verschiedener Lebensmittelberufe bieten hier ihre Waren an: Bäcker, Konditoren, Metzger, Wursterzeuger, Traiteure, Kuttler, Fischhändler, Obst- und Gemüsehändler, Geflügelhändler, Feinkostverkäufer und auch Weinhändler!

Besonders angetan haben uns die kleinen Stände an denen man eine kleine oder größere Kleinigkeit bestellen kann. Dazu das obligatorische Glas Wein – oder gerne auch mal die Flasche. So macht der Einkauf für unsere all abendliche Kochorgie erst richtig Spaß.

Aufmerksame Beobachter werde feststellen, dass es wenig Gemüse auf den Bildern zu sehen gibt. Obst und Gemüsehänder gab es schon auch, aber die waren im Vergleich weniger spektakulär – da hat mein Gemüsemensch mehr zu bieten (gell Andi – das muss als Werbung jetzt reichen ;)

Schlemmen aber Rustikal

Das Gästehaus, in dem wir die Woche wohnten, war geprägt von einem rustikalen Charme. Wasser gab es immer dann, wenn der Generator lief, um die Pumpe anzutreiben, warmes Wasser nur wenn die Sonne schien und der Generator nicht gerade einen Aussetzer hatte. Auch die Küche forderte etwas Kreativität. Es war zwar alles da, aber nicht unbedingt immer benutzbar.

Auf dem alten Gasherd braten wir Crevetten. Dazu braucht es nicht viel, etwas Olivenöl, eine Hand voll Knoblauch und für den besonderen Kick flambieren wir das ganze am Ende mit einem Kräftigen Schuss Pastis. Jetzt nur noch Salzen und eine Prise Piment d’Espelette, dazu ein frisches Baguette.

In der Art geht es die Woche über weiter. Noch nie hatte ich so viele frische hochwertige Lebensmittel zur verfügung. Wenn die Küche nicht reichte, wichen wir in den Hof aus und grillten Sardellen auf dem offenem Feuer, oder Bavette (die Reihenfolge ist übrigens nicht zu empfehlen), oder Wachteln.

Was immer es zu Essen gab, es war lecker und bei all dem Essen durfte natürlich auch der Wein nie fehlen. Früher war die Gegend für den preiswerten Tafel und Landwein bekannt, seit den 80er Jahren gibt es eine deutliche Tendenz zu besseren und teureren Weinen. Simon unser Gastgeber ist ein gutes Beispiel dafür. Sein Wein ist fantastisch – aber leider bei uns nur sehr schwer zu bekommen.