Warum Marvel
Im Leben eines Jeden gibt es nur wenige Dinge, die echten Bestand haben. Geschmäcker und Essgewohnheiten verändern sich – ebenso Reiseziele. Der Kleidungstil wird häufig dem Alter angepasst und sogar unsere Musikvorlieben können sich ändern. Ja, selbst Freundschaften sind manchmal nicht immer von Dauer. Mit anderen Worten, über die Jahre verändern wir uns und mit diesen Veränderungen geht auch ein Wechsel von Gewohnheiten, Vorlieben und Dinge, die wir gern tun, einher. Ich nehme mich davon nicht aus. Ein Beispiel: Hätte man mir vor zwanzig Jahren einen sehr alten aromatischen Käse oder einen Gin Tonic vorgesetzt, ich hätte dankend abgelehnt…nicht so heute. Eine Sache, die sich allerdings seit meiner frühen Jugend, wie ein roter Faden durch mein Leben gezogen hat, ist meine Vorliebe für Superhelden Comics. Doch auch wenn es mal einen sehr kurzen Ausflug in der Welt der DC Comics gegeben hat, – ihr wisst schon: Superman, Batman & Co. – so schlug mein Herz schon immer für Captain America, Wolverine, Silver Surfer, Black Panther…eben die Superhelden, die Marvel hervorgebracht hat. Selbst zu einem Zeitpunkt, als Muskelmann Lou Ferrigno dem grünen Superhelden Hulk mehr schlecht als Recht Leben (aber kein Gehirn) eingehaucht hat und Spiderman cineastisch eher wie ein schlafwandelnder Schlafanzugheld wirkte, war ich schon ein großer Marvel Fan. Ok, damals spielte Kino und TV für die Superheldenwelt eher eine untergeordnete Rolle und die nicht digitalen – oder sollte ich besser sagen, die gedruckten – Comics waren einfach das Nonplusultra. In diesen vergangenen Tagen, in denen es weder Computeranimationen noch virtuelle Welten gab, bedurfte es halt eines größeren Maßes an Phantasie – Phantasie auf Seite der Leser und im exponentiellen kreativen Maße natürlich auf der Seite der Superheldenschöpfer. Einer der herausragendsten Schöpfer war Stan Lee. Lee hat es, wie kein zweiter, geschafft, seinen Charakteren nicht nur besondere Fähigkeiten (Superkräfte) zu verleihen, sondern auch ein Leben einzuhauchen, welches nicht immer nur aus Glanz und Rampenlicht bestand. Neben (Charakter-)Schwächen, Selbstzweifeln, Vergänglichkeit und „Menschlichkeit“ standen häufig auch die negativen Seiten des Superheldentums im Vordergrund. Und genau diese Schwächen und „Fehler“ waren es, die diese Marvel-Charaktere für mich so besonders, spannend und interessant gemacht haben und heute immer noch machen.
Der Schöpfer der Superhelden, der selber einer geworden ist
Der am 28. Dezember 1922 als Stanley Martin Lieber geborene Stan Lee startete seine Karriere im Verlagswesen schon als Teenager und begann als Kopierassistent für den Verleger Martin Goodman bei Timely Publications zu arbeiten. Aus Timley Publications wurde dann später Marvel Comics. Im Alter von 17 Jahren wurde Stan Lee dann der jüngste Redakteur im Bereich Comics und im Jahre 1941 erschien die erste, von ihm, veröffentlichte Arbeit: eine Textseite in einem Captain America Comic, welche er mit seinem Pseudonym Stan Lee unterschrieb. Besonders in den späteren Jahren entwickelte sich Lee zu einem Aushängeschild von Marvel Comics, für das er zusammen mit anderen Zeichnern (wie beispielsweise Jack Kirby und Steve Ditko) weit über 100 Superheldencharaktere ins Leben gerufen hat. Unter Lee entstanden das erste Mal in der Superheldengeschichte komplexe Charaktere, mit denen sich die Leser deutlich besser identifizieren konnten. Dies stellte ein deutlichen Schritt weg von den unfehlbaren Superheldenidolen der Vorzeit dar. Darüber hinaus wurden unter Lee auch ein zusammenhängendes Superhelden Universum erschaffen, mit Abhängigkeiten und Komplexitäten. Stan Lee erschuf so über die Zeit aus einem kleinen Comic Verlag ein mächtiges Medienunternehmen. Dieses unterstützte er in den späteren Jahren nicht nur als Autor und Redakteur, sondern zunehmend auch als Schauspieler und Filmproduzent. Insbesondere in den späteren Jahren wurde Lee die Galionsfigur für Marvel Comics schlechthin. So trat er auch auf Comic-Kongressen auf, nahm an Podiumsdiskussionen teil und hielt Lesungen. Außerdem war er ausführender Produzent vieler der populären Marvel Filme. Legendär sind auch seine zahlreichen kurzen Cameoauftritte in den Marvel-Superheldenfilmen, die stark an die Gastauftritte von Alfred Hitchcock erinnern. Am 12. November 2018 stieg Stan Lee, im Alter von 95 Jahren, in seiner Wahlheimat Los Angeles, in das von ihm erschaffenen Marvel Universum auf und ist damit endgültig selbst zu einem Superhelden geworden. Ruhe in Frieden!
Ein Bösewicht im Glas?
Diejenigen von euch, die sich ein bisschen Marvel Comic Welt auskennen, werden jetzt sicherlich fragen, warum ich unseren Cocktail jetzt nach einem der größten Antihelden im Marvel Universum benannt haben. Ja, Galactus stellt im Marvel Universum zweifelsohne erst einmal keinen freundlichen „Zeitgenossen“ dar und ist nicht umsonst als „Weltenzerstörer“ und „Planetenfresser“ bekannt. Wenn man jedoch etwas genauer hinter die Kulissen von Galactus, der gleichermaßen von Stan Lee und Jack Kirby erschaffen wurde, schaut, dann stellt man schnell fest, dass dieser Marvel Charakter eine metaphorische Bedeutung hat und einer Naturgewalt gleichkommt. Und eine Naturgewalt ist per se nicht böse, sondern einfach vorhanden. Jetzt könnte man sich noch ausgiebig und philosophisch darüber streiten, ob eine solche auch durch menschliches Handeln hervorgerufen bzw. beeinflusst werden kann aber das überlasse ich anderen. Doch auch wenn ich mich jetzt nicht als Weltverbesserer hervortun will, finde ich diese Interpretation von Galactus spannend und habe mir gedacht, warum nicht mal einen naturgewaltigen Cocktail kreieren. Ja natürlich sind wir keine Magier (Dr. Strange lässt grüßen) und können weder dafür sorgen, dass Wellen aus eurem Cocktailglas schwappen, kleine schwimmende Vulkane eruieren oder Planeten in eurem Glas kollidieren. Hmmm, Moment mal, den letzten Punkt lassen wir jetzt erst einmal offen…
Der „Galactus“ ist deshalb so interessant, da er sich geschmacklich über die Zeit verändert. Während am Anfang noch die Bitteraromen vom Cold Brew Coffee und der Green Coffee Limonade sowie der Wacholdergeschmack vom Gin im Vordergrund stehen, nimmt im Laufe der Zeit – durch das Schmelzen der Yuzu Sake und der Aranciata Rossa Limonade Eiskugeln – ein fruchtig spritziges und eher süßliches Aroma zu. Spannend ist auch, wie sich der Galactus farblich darstellt – mit seinen zwei Planeten (getarnt als Eiskugeln) und seinem eher dunklen universumsgleichen Auftritt. Ja, dieser Cocktail ist zweifelsohne ein sehr extravaganter Vertreter seiner Art und nicht jedermanns Sache – aber so ist es nun mal mit Antihelden, viele werden sie nicht mögen. Aber bedingt durch die Veränderung über die Zeit werden sie vielleicht doch erträglicher oder gar freundlich… Natürlich will ich das ernsthafte Thema „Naturgewalten“ hier nicht simplifizieren und behaupten, dass man dieses metaphorisch mit einem Cocktail „runterspülen“ kann ABER eine solche Vorstellung hat schon einen gewissen Reiz.
Galactus
Zutaten
- 4 cl London Dry Gin klassisch
- 3 cl Crème de Mure Likör
- 2 cl Cold Brew Coffee
- selo Green Coffee Bio Limonade zum Auffüllen
- 2 Tropfen blaue Lebensmittelfarbe optional
- Yuzu Sake für Eiskugel Nummer 1
- San Pellegrino Aranciata Rossa für Eiskugel Nummer 2
Anleitungen
- San Pellegrino Aranciata Rossa in ein Glas geben und mit einem Cocktaillöffel solange umrühren bis die Kohlensäure entwichen ist.
- Inhalt des Glases sowie Yuzu Sake in unterschiedliche Kammern einer Silikon Eiskugelform (für große Eiskugeln) geben und für ca. 3 Stunden tieffrieren (pro Drink braucht ihr jeweils eine Eiskugel mit Yuzu Sake und eine Eiskugel mit der San Pellegrino Limo).
- Jeweils eine Kugel „Yuzu“ und eine Eiskugel „Aranciata Rossa“ in ein breites Becherglas (Tumbler) geben. Den London Dry Gin, den Creme de Mure Likör und den Cold Brew Coffee dazu geben und im Anschluss vorsichtig mit der Green Coffee Limonade auffüllen.
- Wenn ihr den Universumseffekt noch etwas erhöhen wollte, dann könnt ihr noch zwei Tropfen blaue Lebensmittelfarbe in das Glas träufeln und einmal ganz vorsichtig umrühren.
Ruhe in Frieden lieber Stan, wir stoßen auf dich an…
Natürlich ist mir klar, dass wir uns mit einem Cocktail, den wir dem größten Superheldenschöpfer aller Zeiten widmen, auf einem sehr schmalen Grad bewegen. Diese „flüssige Hommage“ kann weder das widerspiegeln, was Stan Lee erschaffen hat, noch sollte das Marvel Universum auf einen Drink runter gebrochen werden. Mir war es vor allem wichtig einige der Eckpunkte, für die Marvel stand und steht, mit dem „Galactus“ abzubilden: Kreativität, Spaß, Spannung, Unerwartetes und ein bisschen Verrücktheit. Ob das gelungen ist, müsst ihr selber entscheiden. Der Galactus ist ein Gin-Cocktail, den ihr zu jeder Jahreszeit trinken könnt aber am besten solltet ihr ihn als Aperitif oder solo genießen. Durch seine geschmackliche Entwicklung – von eher bitter zu spritzig süßlich – habt ihr es eigentlich nicht nur mit einem Cocktail zu tun. Ihr werdet über die unterschiedlichen Facetten erstaunt sein und auch unerwartete und spannenden geschmackliche Komponenten erleben können. Und dieses lässt auch den Kreis der Hommage an Stan Lee schließen, der uns viele spannende und unerwartete Momente im Mavel-Comic-Leben beschert hat. Wir werden dich nicht vergessen.