Wachholder aus dem Land der aufgehenden Sonne

Japanisches Gin Tasting

Angefangen hat es bei uns alles mal mit einem Münchner gefolgt von einem bayrischen Gin Tasting. Diesmal haben wir uns etwa 9.000 Kilometer weiter östlich bewegt – zumindest geschmacklich – und einige interessante Gins aus Japan verkostet.

Ja, mittlerweile hat der weltweite Gin-Boom auch das Land der aufgehenden Sonne erreicht. Dies war Grund genug für uns, sieben Japanische Gins etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und zu testen, was ihre geschmacklichen Besonderheiten sind.

Die Anfänge des japanischen Gins

Als ich vor etwa anderthalb Jahren das erste Mal einen japanischen Gin in unserem Magazin erwähnt habe (/gin-loves-japan/), wusste ich noch nicht, dass einige Zeit später eine etwas größere „Gin-Welle“ auf uns zu schwappen würde. Damals hatte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn gesagt, dass der Ki No Bi Gin aus Kyoto der erste Gin sei, der seinen Ursprung in Japan hatte. Diese Aussage war leider etwas zu unpräzise, denn Gins gibt es in Japan schon seit vielen Jahren (bspw. von Suntory oder Nikka). Allerdings wurden diese Gins niemals für den Export produziert. Der Ki No Bi Gin war somit in der Tat der erste Gin, der es geschafft hat, über die Grenzen von Japan hinaus bekannt zu werden. Diese Tatsache und natürlich auch sein besonderer Charakter waren Anlass für uns, ihn als ersten japanischen Gin in unsere CAMY Gin Skala aufzunehmen. Ja, vielleicht war ich sogar der Erste, der eine Flasche Ki No Bi Gin mit nach Deutschland gebracht hat. Diese war allerdings angebrochen und ich hatte sie einem Bartender in Tokio abgekauft, da der Gin zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in der Hauptstadt Japans käuflich zu erwerben war. Wenn wir uns heute den japanischen Gin Markt anschauen, dann wirkt diese „Aktion“ von mir schon ein bisschen wie aus einem schlechten Spionagethriller, bei dem der Protagonist ein wichtiges Artefakt von Asien nach Europa schmuggelt…mit einer Ausnahme, meine Aktion war legal ;-)

Gin Tasting in Tokio

Wirklich bewusst wurde mir die Dimension, in der sich japanischer Gin mittlerweile bewegt, zum ersten Mal als ich im April dieses Jahres, zusammen mit Geschäftspartner und Freunden, in Tokio eine Gin-Bar besuchte. Der „Good Meals Shop“ in Shibuya ist Café, Restaurant und Shop zugleich. Abends wird aus dem Good Meals Shop, durch ein Angebot von mehr als 300 (!) verschiedenen Gins aus der ganzen Welt, auch noch eine der führenden, wenn nicht sogar die führende, Gin-Bar Tokios.

 

Ich wusste zwar, dass Gin mittlerweile auch in Japan eine gewisse Popularität erfährt, allerdings wurde mir die Dimension erst nach dem Besuch dieser Bar bewusst. Nicht nur, dass es hier unglaublich viele Gins aus Deutschland, UK, Spanien, den USA und anderen führenden Gin-Nationen gibt… Es werden auch zahlreiche lokale Gins angeboten. Meinen damaligen Schätzungen nach hatte der Good Meals Shop mindestens 20 japanische Gins im Ausschank – vielleicht waren es aber auch mehr. Interessanter Weise hatten nicht wenige von diesen japanischen Gins – zumindest die 10, die wir probiert haben – einen eigenen Charakter und versuchten nicht einfach nur die Brüder und Schwestern aus Europa nachzuahmen. Landestypische Botanicals wie Yuzu, grüner Tee, japanischer Sansho Pfeffer, Bambus, japanische Kirschblüte usw. verbunden mit einem Braualkohol zum Beispiel auf Shochu Basis lassen den japanischen Gin in einem eigenen Lichte erstrahlen. Diese Gins stellen sozusagen das Pendant zu den „New Western Gins“ dar, so dass ich sie ohne schlechten Gewissens als „New Eastern Gins“ bezeichne. Allerdings gibt es auch japanische Destillerien, die eher auf traditionelle Zutaten setzen bzw. Gins produzieren, die eher einem klassischen Dry Gin entsprechen.

Warum japanischer Gin?

Einige Leser werden vielleicht jetzt fragen, Gin aus Japan, muss das sein? Meine klare klare Meinung dazu: „Wenn sie gut sind und sich von der Gin-Masse abheben, absolut ja.“ Die entscheidende Frage sollte aber lauten, warum fangen japanische Unternehmen an, mehr und mehr Gins für den Weltmarkt zu produzieren. Die Antwort mag jetzt relativ banal klingen aber sie haben einfach die Kapazitäten und die Fähigkeiten dafür. Die Fähigkeiten haben sie sich quasi durch ihre jahrelangen Erfahrungen in der Produktion von Whisky und Sake erarbeitet. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann müssen wir uns eingestehen, dass sowohl die Whisky- als auch die Sake-Produktion um einiges anspruchsvoller ist als der Herstellung von Gin.

Es kommen allerdings zwei weitere Faktoren hinzu. Erstens, Sake ist und bleibt ein spezielles, wenn meiner Meinung nach auch völlig unterbewertetes, Nischenprodukt, welcher bis dato im Getränkemarkt nur wenige globale Abnehmer findet. Bei japanischem Whisky ist die Situation genau umgekehrt. Hier gibt es eine deutlich höhere Nachfrage und nicht wenige japanische Whisky-Produzenten können die globale Nachfrage einfach nicht mehr bedienen, denn Whisky braucht Zeit, in der Regel sogar viel Zeit. Zeit in der japanische Whiskyproduzenten kein Geld verdienen. Sie müssen sich also eine alternative Einnahmequelle suchen.

Mit anderen Worten: die japanischen Braukonzerne und Getränkeunternehmen waren auf der Suche nach Diversifikationsmöglichkeiten und sind dabei auf den steigenden weltweiten Gin-Konsum gestoßen. Aus Marketingsicht haben sie damit alles richtig gemacht.

Und was können die japanischen Gins?

Viele der Leser, die unsere Artikel regelmäßig verfolgen, wissen: ich bin ein Japan-Fan. Ohne jetzt ausufernd werden zu wollen aber durch meine Erfahrungen mit Sake war ich, was Gin anbelangt, mit einer gewissen Erwartungshaltung vorbelastet. Interessanterweise befinden sich unter den japanischen Gin-Produzenten einige, die aus dem Sake-Umfeld kommen oder kurz gesagt: einige Sake-Brauereien widmen sich neuerdings auch der Gin-Herstellung. Wenn diese es schaffen sollten Ihr Ikigai von Sake (oder auch Whisky) auf Gin zu übertragen, dann wäre Großes zu erwarten. Als ich in Tokio im Good Meals Shop mein privates Gin-Tasting mit Geschäftspartner und Freunden abhielt, wurde mir schnell klar, hier könnte etwas entstehen, was zur (neuen) japanischen Kultur passt, was aber auch Gin-Connaisseure aus anderen Ländern begeistern könnte. Natürlich war es, wie bei vielen Dingen im Leben, nicht alle von mir probierten japanischen Gins konnten mich geschmacklich vollends überzeugen…das wäre auch zu viel des Guten gewesen. Ich war jetzt aber so angefixt von japanischen Gins, dass ich kurz nach meiner Rückkehr aus Japan, ein Gin-Tasting in München ins Auge fasste.

Ein japanischer Abend…mehr als nur ein Gin-Tasting

Nun wenn wir schon ein japanisches Gin Tasting bei omoxx veranstalten, dann sollte auch das Umfeld stimmen. Dieses haben wir, zumindest essenstechnisch, versucht zu schaffen – mit Hähnchenspießen japanischer Art (Yakitori) und Sushi. Bei den Yakitori hat sich unser Küchenchef Thomas wieder selber übertroffen, weil er ihnen, wie könnte es anders sein, mit der Kombination von Kumquats, seinen persönlichen Touch gegeben hat. Das Sushi war allerdings dann nicht mehr „homemade“. Es kam von einem Sushi-Lieferservice, von dem ich glaube, dass dieser einer der besten, wenn nicht sogar der beste, in München ist. Ich finde generell, dass Sushi sehr gut zu Gin passt und selbst das Pairing mit einem Gin Tonic sollte jeder Gin-Enthusiast einmal probiert haben – sofern er denn Sushi mag. Darüber hinaus haben wir mit unserem Signature Cocktail „Lost in Translation“ gleich einmal bei unserer Tasting-Gemeinschaft einen „japanischen Gin Akzent“ gesetzt. Apropos Tasting-Gemeinschaft: Es war wieder toll, mit so einer bunte Runde aus Bloggern, Spirit-Experten, Freunden und Gin-Connaisseuren an einem Tisch zu sitzen, sich auszutauschen und Gin zu probieren. Vielen Dank für eure tolle Unterstützung! Besonderen Dank möchten wir Jürgen Liebenau von www.jwhisky.de zukommen lassen, der uns einen Großteil der verkosteten japanischen Gins unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. In seinem Online-Shop (www.japan-gin.com) finden sich mittlerweile mehr als zehn japanische Gins. Wenn ihr also mal auf der Suche nach einem besonderen Gin seid, solltet ihr hier unbedingt mal vorbeischauen. Darüber hinaus möchten wir uns auch ganz herzlich bei Luscombe Deutschland  bedanken, die uns freundlicherweise mit „einigen“ Flaschen von ihren drei verschiedenen Sorten ihres echt tollen Tonic Waters unterstützt haben. Ich finde, dass das Luscombe Tonic sehr gut mit den meisten von uns verkosteten Japanischen Gins harmoniert hat.

Die sieben Samurai auf dem Prüfstand

Das Angebot an japanischen Gins steigt kontinuierlich. Deshalb kommt der Anspruch auf Vollständigkeit – egal ob bei einem Gin-Tasting oder bei der Einordung in unsere CAMY Gin Skala – fast schon einer „Mission Impossible“ gleich. Nichtsdestotrotz wollten wir bei der Gin-Auswahl für unser Gin-Tasting möglichst „breit aufstellen“, das heißt Gins unterschiedlicher Couleur, aus unterschiedlichen Regionen und von unterschiedlichen Herstellern berücksichtigen. Letztendlich fiel unsere Auswahl auf die folgenden sieben japanischen Gins:

  1. Akayane Craft Gin Heart (Haru)– aus Kagoshima
  2. Sakurao Dry Gin – aus Hiroshima
  3. Etsu handcrafted Gin – aus Hokkaido
  4. Hombo Mars Wa Bi Gin – aus Nagano
  5. Nikka Coffey Gin
  6. Suntory Dry Gin Extra
  7. Meiri Premium Craft Wa Gin – aus Honshu

Interessanter Weise stellten sich die sieben von uns verkosteten Gins alle geschmacklich sehr unterschiedlich dar. Es gibt also nicht „den japanischen Gin“, auch wenn sich die meisten von uns verkosteten Gins lokale Botanicals (beispielsweise Yuzu, Sancho Pfeffer, grüner Tee oder Ingwer) zu eigen machen. Diese Individualität wird sich auch bei der Einordnung in die CAMY Gin Skala widerspiegeln, die noch erfolgen muss – zumindest online. Generell kann herausgestellt werden, dass geschmacklich alle von uns getesteten Gins überzeugen konnten – wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Und natürlich werde ich auch an dieser Stelle nicht müde, zu erwähnen, dass Geschmäcker sehr verschieden sind. Daher werden wir auch weiterhin keine Einordnung von „gut/schlecht“ vornehmen, sondern lediglich die subjektive Wahrnehmung der Gin-Tester wiedergeben. In diesem Zusammenhang möchten wir dann auch noch zwei Gins besonders herausstellen. Der Akayane Craft Gin Heart (Haru) und der Nikka Coffey Gin haben uns im besonderen Maße geschmacklich überzeugt und bekommen daher von omoxx den „Japan Gin Tasting Award“ verliehen ;-)

Und wie geht es weiter

Nun ja, wie es generell mit japanischem Gin weitergeht, kann ich nicht vorhersagen, allerdings ist davon auszugehen, dass wir hier erst die Spitze des Eisbergs gesehen haben und noch einige neue Gin-Produzenten in den Startlöchern stehen.

Wir werden jetzt erst einmal unsere CAMY Gin Skala mit den sieben Samurai befüllen und sind gespannt, wie japanischer Gin im deutschen Markt Fuß fassen wird. Da wir uns (auch aus gesundheitlichen Gründen ;-) bei dem Tasting auf sieben ausgewählte Gins fokussiert haben, werden wir weitere japanische Gins nach und nach in der CAMY Gin Skala abbilden. Und natürlich werde ich bei meinem nächsten Japan Aufenthalt weiter Ausschau nach neuen interessanten Gins halten. Sayonara.