Niedertemperatur- Garen (Einführung)

Niedertemperatur-Garen ist eine Methode Fleisch, Geflügel oder Fisch bei niedriger Temperatur (max 80-90°C) zu garen. Der Vorteil ist der sehr geringe Bratenverlust von ca. 5% gegenüber ca. 30% bei der konventionellen Methode. Das Fleisch verliert viel weniger Saft und wird wesentlich saftiger und zarter.

Um zu verstehen warum das Garen bei niedriger Temperatur soviele Vorteile bietet muss man verstehen was beim herkömmlichen braten geschieht.

Die Oberflächentemperatur weicht weit von der gewünschten Kerntemperatur ab. Es besteht die Gefahr, dass das Fleisch am Rand austrocknet während es im Kern noch nicht die erforderliche Temperatur erreicht hat.

Beim herkömmlichen braten wird das Fleisch sehr stark von außen erhitzt. Dabei entsteht die so genante Maillard-Reaktion (den Namen muss man sich nicht merken ;), an der Oberfläche des Bratguts. Eiweiß, Fette und Zucker gehen eine Verbindung ein und sorgen für die Bräunung und den typischen Bratengeschmack.
Einerseits ist das ein gewünschter Effekt, andererseits wird’s hier auch schwierig.
Wenn das Fleischstück im Inneren die ideale Temperatur erreicht hat, wurde diese außen schon lange überschritten (was man an der zunehmenden Graufärbung erkennen kann). Durch die starke Hitzeeinwirkung erhöht sich auch der Garverlust durch Saftaustritt und Wasserverdampfung was, wenn man nicht aufpasst zum Austrocknen des Fleischstückes führen kann.
Die perfekte Balance zwischen idealer Kerntemperatur und möglichst geringer Überhitzung der anderen Bereiche ist nicht immer einfach einzuhalten.

Was aber passiert jetzt genau beim Niedertemperatur-Garen?

Die Ofentemperatur entspricht der gewünschten Kerntemperatur. Dadurch kann die Oberflächentemperatur nie die gewünschte Kerntemperatur übersteigen. Das Fleisch bleibt zart.

Ziel ist es die Kerntemperatur des Fleisches auf möglichst schonende Weise auf die erwünschte Temperatur von 55°-70°C zu bringen. Bei einer Ofentemperatur von etwa 80°C dauert das zwar mitunter einige Stunden, dafür besteht aber kein Risiko dass das Fleisch austrocknet, da das Temperaturgefälle weitestgehend vermieden wird.
Die Größe und die genaue Garzeit spielen eine wesentlich geringere Rolle – im Gegenteil, man könnte sie sogar fast beliebig verlängern.
Bei dieser geringen Temperatur tritt kein Fleischsaft aus und auch die Maillard-Reaktion findet nicht statt. Das hat zu Folge, dass praktisch keine Grundlage für eine Sauce entsteht. Diesen Nachteil muss man dann anderweitig lösen.
Während des langsamen Garens haben außerdem die Collagen genügend Zeit zu zerfallen. Collagen sind Proteine, die das Bindegewebe wie Sehnen und Fasern bilden und daher in jedem Fleisch mehr oder weniger vorhanden sind. Zuviel Collagen macht Fleisch zäh und hart. Collagen zerfällt aber wenn man es erhitzt zu weicher Gelatine. Je nach Fleischart kann dieser Prozess mehr als 10 Stunden dauern, in der Regel wird aber das meiste Fleisch nach ca. 5-6 Stunden weich.

Welches Fleisch eignet sich zum Niedertemperatur-Garen?

Eigentlich eignet sich fast jede Fleischart, besonders mageres Rindfleisch ist dafür prädestiniert. Bei sehr fettigen Fleischstücken sollte man den Fettrand wegschneiden, da dieser bei den geringen Temperaturen nicht schmilzt.
Auch gut geeignet sind Stücke von der Schulter, die normalerweise als nicht so edel angesehen werden. Eine Rinderschulter z.B. kann man hervorragend bei niedriger Temperatur schmoren. Die darin enthaltene Sehne ist nach 5 Stunden nicht mehr existent.
Bei Geflügel sollte man acht geben und unbedingt darauf achten dass die Kerntemperatur über 75°C liegt, da erst dann die Salmonellen absterben. Eine Ente bei niedriger Temperatur über mehrere Stunden ist ein echtes Erlebnis bei einem Huhn wäre ich dagegen vorsichtig und würde besser zur klassischen Methode raten.

Worauf muss man achten?

Leider werden bei den niedrigen Temperaturen auch die Bakterien aktiv. Diese befinden sich auf jedem Fleisch – aber eben auch nur dort. Das innere eines Bratens ist immer steril. Um die Keime auf der Oberfläche abzutöten reicht es das Fleisch vor dem garen von allen Seiten kurz anzubraten.
Als letztes sollte man fairer weise noch erwähnen, dass nicht jeder Ofen gleichermaßen geeignet ist. Vorraussetzung für das Niedertemperatur-Garen ist ein Ofen der diese niedrige Temperatur auch konstant halten kann. Dazu sind leider gerade die älteren Modelle nicht immer in der Lage. Sehr hilfreich ist hier ein Ofentermomether um die Temperatur zu kontrollieren, denn nicht immer stimmt die Ofenanzeige mit der tatsächlichen Temperatur überein.

Noch ein Tipp:
Niedertemperatur-Garen braucht Zeit – teilweise sehr viel Zeit. Ein Gericht kann schon mal 8-10 Stunden im Ofen vor sich hin brutzeln. Wer also nicht mitten in der Nacht aufstehen will um das Mittagessen vorzubereiten (ich gehöre da definitiv nicht dazu) der bestellt die Gäste besser zum Abendessen.