Was trinken die Deutschen in diesem Jahr

Spirituosen Trends 2019

Wie bereits in 2018 wirft omoxx auch dieses Jahr wieder einen Blick in die Glaskugel „Getränkewelt“. Wir wollen herausfinden, was uns zukünftig getränketechnisch erwartet und welchen Trends die Deutschen 2019 folgen. Und ja, auch in diesem Jahr heißen unsere Protagonisten wieder „Gin“, „Whisky“, „Rum“, „Tequila“, „Sake“ und Co.

von | Feb 5, 2019 | Bar Talk

Unsere Erfahrungen aus dem letzten Bericht

Als ich mich im letzten Jahr das erste Mal mit dem Thema „Getränketrends“ auseinandergesetzt habe, hätte ich nicht gedacht, dass dieser Artikel auf so viel positive Resonanz stößt und so gut angenommen wird. „Spirituosen Trends 2018“  gehört zu einen unserer beliebtesten Beiträgen und zeigt, dass wir mit dem Thema Getränke ins Schwarze getroffen haben. Wir konnten quasi gar nicht anders, als auch dieses Jahr, einen Blick hinter die Kulissen der deutschen Spirituosenindustrie zu werfen, um zu eruieren, wo sich der Markt hin entwickelt und welche alkoholischen Getränke in 2019 angesagt sind.

Auch dieses Jahr haben wir wieder viel recherchiert und zahlreiche Gespräche mit „Liquid Experts“, Bartendern, Herstellern sowie Distributoren von Spirituosen geführt. Wie bereits in 2018 wollten und mussten wir uns auch in 2019 wieder „spirituosentechnisch“ fokussieren. Deshalb haben wir Getränke wie Wein, Champagner und Bier – Craft Bier mal ausgenommen – ausgeklammert. Ebenso standen auch Alkopops, Liköre, Weinbrände und Wodka nicht auf unserer „Watchlist“, wohlwissend, dass diese einen sehr bedeutenden Teil vom Spirituosen-Gesamtumsatz in Deutschland ausmachen. Natürlich werden auch in diesem Jahr wieder kräftig Bier, Biermischgetränke, Wein, Schaumwein und diverse Liköre konsumiert. Wir glauben allerdings, dass bei fast allen der ausgeklammerten Spirituosen in Deutschland eine Sättigungsgrenze erreicht ist und deshalb auch nicht notwendigerweise von „Trendgetränken“ gesprochen werden kann.  Statistiken vom Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. (BSI) unterstreichen hier unsere Annahmen.

Geht uns das Wacholderdestillat aus?

Was würde passieren, wenn ab morgen Gin auf der Verbotsliste stehen würde und in Deutschland nicht mehr verkauft werden dürfte. Nein, keine Sorge, es würde weder eine Revolution noch bürgerkriegsähnliche Zustände geben. Aber ja, die Reaktion der Gin-Connaisseure und Wacholderliebhaber wäre schon einmal interessant zu sehen. Dass es zu einem Gin-Verbot kommen könnte, ist natürlich völlig ausgeschlossen, auch wenn im Internet manchmal sehr skurrile Posts zum Thema Gin kursieren, die ein Verbot nahelegen könnten. Ein Beispiel gefällig? In einer österreichischen Studie, wurde angeblich ein Zusammenhang zwischen dem Genuss von Gin Tonic und psychopatischen Ausprägungen hergestellt. Wenn man allerdings etwas tiefer gräbt, wird man schnell feststellen, dass die Annahmen nicht haltbar sind. Mit anderen Worten, wir lassen uns den Gin-Genuss auch in 2019 nicht madig machen. Gin ist in Deutschland nach wie vor das mit Abstand am stärksten wachsende Destillat (bezogen auf das absolute Umsatzwachstum), auch wenn es am Gesamtkonsum aller alkoholischen Getränke bislang eine noch eher untergeordnete Rolle spielt.

Von 2016 auf 2017 betrug das Umsatzwachstum für Gin im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland laut BSI 38,5% (absolut: 27 Mio. EUR). Damit ist Gin nach wie vor das Trend-Getränk Nummer eins und ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Dieser Hype geht mittlerweile soweit, dass selbst Discounter, wie Aldi und Lidl, mit speziellen Gin-Specials werben. Auch an anderen Stellen der Welt hat die Gin Nachfrage weiter an Fahrt aufgenommen. Laut „The Drinks Business“ haben sich Verkaufszahlen für britischen Gin in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt und erreichten alleine in Großbritannien fast 2 Milliarden britische Pfund für Ende 2018. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Großbritannien (mit knapp 30%) bei den Spirituosen-Importen nach Deutschland, auf Platz Eins steht. Man braucht kein Nostradamus zu sein, um sich auszumalen, was nach einem (ungeordneten) Brexit am 31.03 passieren könnte. Neben einer möglichen Begrenzung des Angebotes an UK Gin in Deutschland (und Europa) kann auch davon ausgegangen werden, dass sich die Preise für „Gin von der Insel“ nach oben entwickeln, da Zölle und andere Einfuhrbeschränkungen als mögliche Preistreiber wirken werden. Aber so weit ist es noch nicht und bis dahin ist der Boom für das Wacholderdestillat erst einmal ungebrochen – zumal wir in Deutschland auch auf hervorragende lokale Produkte ausweichen könnten. Das ein Abebben des Gin-Booms nicht in Sicht ist, wird durch zwei weitere Trends unterstrichen. Erstens, wird dies durch den kontinuierlich wachsenden Gin-Marken-Markt induziert. Wir gehen davon aus, dass es weltweit mittlerweile ca. 6.000 verschiedene Gins von den unterschiedlichsten Herstellern gibt. Damit hätte sich das Gin-Angebot (in Bezug auf Brands und Varianten) innerhalb von drei bis vier Jahren nahezu verdoppelt. Zweitens, neben dem wachsenden Angebot an Gin stellt auch das zunehmende Angebot von sogenannten „Fillern“ – in diesem Fall überwiegend Tonic Water (Varianten) – einen Indikator für den ungebrochenen Gin-Hype dar. Während wir noch vor etwa vier Jahren ein sehr eingeschränktes Tonic Angebot gesehen haben (Varianten im niedrigen zweistelligen Bereich), hat sich dieses komplett geändert. Heute gibt es nicht nur deutlich mehr Anbieter und Varianten des „Bittergetränks“ (schätzungsweise im höheren dreistelligen Bereich), auch die Ubiquität und die Globalisierung von Tonic hat zugenommen.

Gin, wo fährt der Zug hin?

Als ich letztes Jahr im Oktober in Lissabon war, hatte ich nicht nur die Möglichkeit, viele für mich neue und interessante portugiesische Gins zu probieren, sondern auch ein spannendes Interview mit dem CEO von Gin Lovers zu führen.  Auf dem Rückweg von Lissabon saß ich dann in der TAP-Lounge und war über das relative breite Gin-Angebot überrascht. Noch mehr überrascht war ich allerdings, dass die Hälfte der angebotenen Gins regional war. Neugierig wie ich nun mal bin, musste ich den Bartender in der TAP-Lounge mit meinen Fragen löchern. Dieser erzählte mir dann zwei interessante Fakten: Mehr als die Hälfte aller konsumierten und ausgeschenkten alkoholischen Getränke in der Lounge-Bar sind Gin & Tonics und für etwa die Hälfte aller Gin & Tonics werden regionalen (portugiesischen) Gins verwendet. Ob dieses repräsentativ ist, weiß ich nicht, es zeigt allerdings zwei Dinge. Erstens, Gin ist nach wie vor eines der beliebtesten Getränke weltweit – sicherlich nicht nur unter Geschäftsreisenden. Und zweitens, regionale und lokale Gins sind immer mehr im Kommen. Damit wird der Trend, den wir auch schon in unserem letzten Artikel beschrieben haben, fortgeschrieben. Wie sieht es jetzt aber mit weiteren Trends bei dem Wacholderdestillat aus? Nachfolgend haben wir euch die wichtigsten Gin-Trends 2019 festgehalten sind.

Gin Trends 2019

Gin-Liköre Der Absatz von Gin-Likören, wie bspw. Sloe Gin oder auch Quitten-Gin, wird deutlich zunehmen, da sich diese sehr gut zum Mischen eignen und vor allem den „süßeren Geschmäckern“ entgegenkommen.
New Eastern Gins New Eastern Gins (vor allem die aus Japan) sind ganz klar im Kommen, da sie durch die Verwendung von landestypischen Botanicals ein ganz besonders Geschmackserlebnis hervorrufen.
Barrel Aged Gins Mehr und mehr Destillerien bieten Gins an, die für eine kurze Zeit (max. 12 Monate) in Eichenholzfässern gelagert werden.
Spezielle Gins Während der Konsum von klassische London Dry Gins sich eher auf einem konstanten Niveau bewegt, nimmt das Angebot von New Western Gins und „besonderen“ Gins zu. Dieses umfasst auch sehr ausgefallenen Varianten, wie Tabak-Gin oder Wagyu-Gin. Auch spezielle Editionen können hierunter subsumiert werden.
Regionale Gins Auch in 2019 wird das Angebot an regionalen und lokalen Gins (zum Beispiel in Bayern und Deutschland) weiter ausgebaut. Im Vordergrund steht hierbei auch die Verwendung von regionalen Botanicals.

Einen ausführlichen Artikel zum Thema Gin-Trends findet ihr auch hier: /nicht-immer-ist-teuer-gut/

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auch in 2019 der Gin-Hype anhält und dass das Angebot über eine immer noch kräftige Nachfrage bestimmt wird. Ob Brexit und Co. das Konsumentenverhalten ändern werden, gilt als unwahrscheinlich. Somit werden wir auch in diesem Jahr wieder mit vielen interessanten Gin-Stories für euch aufwarten können.

Gutes aus dem Fass…

Nein, wir reden hier natürlich jetzt nicht von Bier – das kommt in deutlich abgespeckter Version später – und auch nicht von fassgelagerten Gin… Dies ist ein anders Thema, zu dem ich mich ja schon des Öfteren an anderer Stelle kritisch geäußert habe.  An dieser Stelle geht es um zwei Spirituosen, die wirklich ins Fass gehören. Das Fass, oder besser gesagt das Eichenfass, stellt bei ihnen das sogenannte konstituierende Element dar. Einige von euch werden jetzt vielleicht kritisch anmerken, wieso Fasslagerung, es gibt doch auch (mittlerweile) Whiskys und Rums, die nicht notwendigerweise im Holzfass gelagert werden müssen. Ok, dann lasst es mich etwas anders formulieren: GUTER Whisky und GUTER Rum gehören ins Eichenfass. Während bei anderen höherprozentigen Spirituosen wie bspw. Tequila oder auch Gin die Fasslagerung immer ein „kann“ darstellt, gilt für mich bei Whisky und Rum das „Muss-Prinzip“. Bei schottischen Whisky ist dieses ja sogar ´gesetzlich vorgegeben. Die Fasslagerung verleiht Whisky und Rum das besondere, teilweise weiche, Aroma, das von Vanille bis Dörrobst reichen kann.

Whisky – ein ungebrochener Trend

„Whisky hyped“, um das zu erkennen muss man wahrlich kein Experte sein. Dieses wird auch vom BSI bestätigt, denn Whisky wird zusammen mit Gin ein außerordentliches Wachstum attestiert. Allerdings hat jeder Hype auch seine Kehrseiten und diese manifestieren sich zum einen in merklichen Knappheit von „besonderen“ Whiskys bei einem gleichzeitigen Anziehen der Preise. Zwei japanische Destillerien haben kürzlich das „Aussetzen“ von einem Jahrgang angekündigt, da die Beschaffung von adäquaten Eichenfässern ein Problem darstellt. Wie auch schon an anderer Stelle angemerkt, könnte es Brexit-bedingt, insbesondere bei schottischen Whiskys auch hier zu deutlichen Preissteigerungen kommen, die aber im generellen Preissog untergehen könnten. Interessant ist zu sehen, dass auch das Thema „Whisky“ mittlerweile regionale Züge annimmt. Waren bis vor wenigen Jahren vor allem Whiskys aus Schottland, Japan, Irland und den USA von Bedeutung, ist hier mittlerweile auch ein deutlich breiteres Angebot von deutschen und österreichischen Unternehmen erkennbar. Dies ist umso erstaunlicher, da guter Whisky – im Gegensatz zu vielen anderen Destillaten – bedingt durch seine Fasslagerung vor allem sehr viel Geduld und Zeit benötigt. Dieses schlägt sich wiederum in Kapitalbindung, Angel’s Share, Lagerhaltungs- und Opportunitätskosten nieder, welche eine ROI (Return on Investment) Berechnung erschwert und für viele junge, nicht so solvente Unternehmen ein „knackiges“ Geschäftsmodell erschwert. In 2019 ist (deutscher) Whisky endgültig bei uns angekommen und wird sicherlich weitere innovative und kreative Brennereien auf den Plan rufen. Dies ist hilfreich, um der steigenden Nachfrage Herr zu werden und verringert gleichzeitig die Abhängigkeit von den vier Hauptproduktionsländern.

Wer im Übrigen ein wenig mehr zu den aktuellen Whisky und anderen Spirituosen Trends erfahren möchte, dem sei die Finest Spirits 2019 im MVG Museum in München empfohlen. (http://www.finest-spirits-muenchen.de/). omoxx wird am 08.02 live Vorort sein und über einen regen Austausch würden wir uns natürlich freuen.

Nur Charakterrum ist guter Rum

Anders als Whisky bewegt sich Rum umsatztechnisch schon seit Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau – zumindest was den Vertrieb über den klassischen Lebensmitteleinzelhandel anbelangt. In den letzten zwei Jahren hat der deutsche Lebensmitteleinzelhandel etwa 204 Mio. EUR mit Rum umgesetzt. Diese Zahl berücksichtigt allerdings nicht den Rumvertrieb via Kaufhäuser, Fachhandel, Discounter oder Online-Anbieter. Speziell bei dem Fachhandel und den Online-Anbietern ist eine Konsumentenverhaltensänderung erkennbar, die sich kurz mit „Klasse statt Masse“ umschreiben lässt.

Natürlich trägt vielerorts immer noch minderwertiger weißer und auch brauner Rum, der vor allem zum Mischen mit Cola und anderen Getränken verwendet wird einen Großteil zum Gesamtumsatz bei. Allerdings ist erkennbar, dass neben den typischen „Cocktailrums“ mehr und mehr auch hochwertiger Rum, der pur genossen werden sollte, seinen Weg in die Bars und die Hausbars findet.

Über Rum

Rum gibt es in vielen Ausprägungen, und er hat eine über 350jährige Geschichte. Guter Rum, der mindestens drei Jahre in Holzfässern gelagert wurde, erscheint runder, harmonischer und ausgeglichener als die jüngeren Brüder und Schwestern. Während in der Vergangenheit viele Rumsorten oftmals lediglich für Grog, Punch oder Cocktails verwendet wurden, liegt der Trend im puren Genuss. Ähnlich wie ein Single Malt sollte ein „alter“ Rum bei Zimmertemperatur ohne Eis getrunken werden. Ein gutes Stück dunkle Schokolade kann oftmals helfen, die potenziell vorhandenen Karamell-, Kakao-, Vanille-, Orangen- und zahlreichen anderen Aromen perfekt zu unterstreichen.

Rum ist ein tolles Trendgetränk, allerdings ist es schwierig das volle Potential von Rum in Deutschland auszuschöpfen. Das liegt zum einen daran, dass deutsche Konsumenten mit Rum immer einen süßlichen harmonischen Charakter verbinden. Dieses führt dazu, dass bei uns überwiegend Rum im Handel zu finden ist, bei dem mit Zuckercouleur oder Karamellsirup „nachgeholfen“ wurde. Dies ist selbst bei den hochpreisigen Rums aus Guatemala der Fall. Allerdings gilt auch hier die gemeingültige Aussage: „Die Nachfrage bestimmt das Angebot“. Wer echte Charakterrums mag, wird bewusst auf kolorierte und gezuckerte Rums verzichten – aber das ist nun mal auch viel Geschmacksache. Geschmacksache sind auch Aromen, die mit dem Begriff „Ester“ umschrieben werden und besonders bei Rum aus Jamaika zum Vorschein treten. Entweder man liebt diese Gerüche und Geschmäcker oder man hasst sie. Wenn man mich bei Rum nach Trends fragen würde, dann würde ich die „Regionalität“ und das wachsende „Qualitätsbewusstsein“ aufführen.

Wie, Regionalität bei Rum?

Na klar kommt die Melasse für den Rum nicht aus Deutschland – allerdings gibt es mittlerweile einige deutsche Hersteller, die dazu übergegangen sind, die Lagerung im Eichefass regional umzusetzen. Bei der Qualität von Rum spielt auch weiterhin das Thema „Rhum Agricole“ (Rum aus sogenannter landwirtschaftlicher Herstellung) eine Rolle. Auch beim Rum und beim Rhum ist 2019 wieder ein spannendes Jahr.

Tequila und Mezcal kommt…schneller als erwartet?

Leider gehöre ich der Generation an, die zu Fug und Recht als Tequila gebranntes Kind bezeichnet werden kann. Auch wenn Tequila in den 90iger Jahren relativ populär in Deutschland war, hatten wir nur wenig Auswahlmöglichkeiten. Entweder man musste den Schrott mit Hut trinken oder auf den unwesentlich besseren Mist mit Wurm ausweichen. Man hatte also bildlich gesprochen, die Wahl zwischen Cholera und Pest – zumal Deutschland eines der wenigen Länder ist, bei dem gepanschter Tequila zulässig war und ist.

Schön, dass sich die Zeiten, die Geschmäcker und auch der Qualitätsanspruch ändern kann. Ja, auch heute bekommt man bei uns, wenn mal will, immer noch den minderwertigen Fusel, der mit Tequila ungefähr so viel gemein hat, wie italienische Pasta mit Mexico. Allerdings ist das Bewusstsein für guten Tequila mittlerweile deutlich gewachsen und dementsprechend auch das Angebot für den Agavenbrand, der nur aus der blauen Weber Agave und nur in den fünf mexikanischen Staaten Guanajuato, Nayarit, Jalisco, Michoacán, and Tamaulipas hergestellt werden darf.
Tequila steht damit immer für eine Herkunftsbezeichnung, auch wenn es natürlich verschiedene Herstellungs-, Alterungs- und Extraktionsprozesse gibt. Wie hat es einmal Marco Bachler von Padre Azul sehr schön umschrieben: „Guter Tequila braucht viel Zeit und Geduld.“ Und genau das ist was die Qualität eines guten Tequilas ausmacht. Allerdings sollte auch jedem immer bewusst sein, dass Zeit einen Kostenfaktor darstellt, egal ob bei Tequila, Whisky oder Rum. Mit anderen Worten: ein hochwertiger Tequila wird niemals zu einem Discounter-Preis erhältlich sein.
Lasst uns aber mal einen Blick auf die Marktentwicklung des Agavendestillats werfen. Während in 2017 der globale Tequila-Mark etwa 4,6 Milliarden US Dollar betrug wird davon ausgegangen, dass dieser in 2025 auf etwa 6,36 Milliarden US Dollar anwachsen soll. Dabei sind die USA nach wie vor die größten Konsumenten von Tequila. 83,2% aller Tequila Exporte gehen in die USA, der Rest wird über 120 Länder verteilt (Stand Mitte 2018). Das größte Wachstum für Tequila wird neben den USA vor allem in China und Spanien gesehen.

Quelle infographic: https://vinepair.com/articles/types-of-tequila-infographic/

Laut BSI spielte Tequila im deutschen Lebensmitteleinzelhandel mit einem Gesamtumsatz von 17,4 Mio. EUR (in 2017) bisher eine eher untergeordnete Rolle, dieser war sogar im Vergleich zu 2016 leicht rückläufig. Allerdings berücksichtigen diese Zahlen weder Kaufhäuser, den Fachhandel und auch nicht den Online-Handel. Insbesondere, wenn man sich mit führenden Spirituosen Experten, Gastronomen und Barbetreibern unterhält, ist erkennbar, dass der Tequila-Trend zeitnah aus den USA zu uns herüberschwappen könnte. Dieses wird auch durch ein zunehmendes Angebot an hochwertigen Tequila Brands induziert. Ich persönlich würde mir eine stärkere Wertschätzung von Premium Tequila in Deutschland wünschen, da der Brand aus der blauen Weber Agave ein echtes geschmackliches Highlight sein kann – überhaupt kein Vergleich mit dem Fusel, mit dem ich mich in den 90iger Jahren zufriedengeben musste. Neben Tequila stellt auch ein guter Mezcal ein sehr interessantes Destillat aus Mexico dar, auch wenn sich dieses geschmacklich sehr unterschiedlich zu Tequila verhält. Mezcal hat meist einen eher rauchigen Geschmack und führt verglichen mit Tequila immer noch ein echtes Schattendasein, was auch durch die Jahresproduktion induziert wird. Diese beträgt volumensmäßig lediglich ein Hundertstel von der Tequilaproduktion.

Tequila stellt im Übrigen eine Unterart vom Mezcal dar. Das heißt, jeder Tequila ist auch ein Mezcal aber nicht vice versa. Mezcal wird in der Umgebung der gleichnamigen Stadt im mexikanischen Bundesstaat Jalisco gebrannt. Der Hauptproduktionsort für Mezcal ist die Region um die Stadt Oaxaca. Während Tequila ausschließlich aus der sogenannten „blauen Agave“ hergestellt wird, können beim Mezcal 36 kultivierte, wilde Agavenpflanzen zum Einsatz kommen. Dem Mezcal-Interessierten kann ich im Übrigen das Buch „Finding Mescal“ von Ron Cooper empfehlen.

Pale Ale, Indian Pale Ale, Cider und mehr

Während der Bierverbrauch in Deutschland schon seit einigen Jahren stagniert bzw. eher leicht rückläufig ist (immerhin noch bei ca. 100 Liter pro Einwohner), wächst der Craft Bier Markt immer noch im zweistelligen Bereich – zumindest in den USA und auf eher niedrigen Niveau. Allerdings gibt es einige Experten, die bereits vor einem Umkehrtrend sprechen und damit rechnen, dass es bald einen Bereinigungseffekt geben wird. Dies ist wenig erstaunlich, da man zunehmend das Gefühl bekommt, dass jede zweite Brauerei mittlerweile Pale Ale, Indian Pale Ale oder andere Craft Bier Varianten im Angebot hat und uns in jedem stationären Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft ein Spezialregal mit Craft Bieren „anlacht“.
Bitte nicht falsch verstehen, ich bin ein großer Craft Bier Fan, allerdings muss ein Land, welches wirklich gute „normale“ Biere produziert (von Hellen bis Alt) nicht jeden Trend mitmachen, vor allem nicht dann, wenn es sich in Preisen niederschlägt, bei denen man das Gefühl hat, dass sie lange Zeit in der Inflationskammer eingesperrt worden sind. Anders stellt sich das in den USA dar, wo von jeher große Brauereien hervorragendes „gefärbtes Wasser“ produziert haben und erst mit dem Craft Beer Trend Qualität zu Tage getreten ist. Allerdings hat die Craft Bier Einführung in Deutschland auch einen sehr positiven Nebeneffekt erzeugt.

Während in der Pre-Craft Bier Zeit das Angebot von Bier generell immer regional beschränkt war (auch auf Speise- und Getränkekarten), hat sich dieses mit der Einführung der Craft Biere zum Positiven gewandelt. Darüber hinaus konnten auch einige deutsche Brauereien jetzt endlich ihr volles Innovationspotenzial ausschöpfen und „kreative“ Biersorten entwickeln. Somit wirkte die Craft Bier Trend schon fast wie ein Booster für eine ansonsten eher konservative und träge deutsche Bierlandschaft. Aber nicht überall ist der Craft Bier Trend in Deutschland angekommen. Insbesondere in der Gastronomie gibt es in Bezug auf das Angebot einer breiten Biervielfalt immer noch eine merkliche Zurückhaltung – Ausnahmen bestätigen hier natürlich die Regel. Zieht man hier Länder wie UK oder Belgien zum Vergleich heran, dann wirken wir manchmal noch wie ein Entwicklungsland.

Laut dem Verband der deutschen Fruchtwein- und Fruchtschaumwein-Industrie e. V. (VdFw) befinden sich Apfelwein, Fruchtwein, Cider und andere apfel- und fruchtweinbasierte Getränke voll im Trend. Wie der VdFw anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums im Mai 2018 mitgeteilt hat, ist der Inlandsabsatz der Apfel- und Fruchtweinbranche 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Prozent – von 102,5 Mio. Liter auf 105,8 Mio. Liter – gestiegen. Dabei zieht sich das Absatz-Plus durch alle wichtigen Teilsegmente und betrifft klassische Apfelweine und Fruchtweine ebenso wie Cider und andere auf Basis von Apfel- bzw. Fruchtwein hergestellte Getränke. Dabei entfallen über ein Drittel des Branchenabsatzes mittlerweile auf apfel- und fruchtweinbasierte Getränke und deutscher Cidre entpuppt sich als ein wichtiger Wachstumstreiber, denn Cidre ist immer noch ein hippes Getränk, das vor allem in Europa einen hohen Zuspruch erhält. Gemäß der „European Cider & Fruit Wine Association” (AICV) wird mehr als die Hälfte des global produzierten Cidres in Europa konsumiert. Dabei liegt UK an der Spitze, gefolgt von Spanien, Frankreich, Irland und Deutschland. Wenn man den Statistiken von der AICV allerdings glauben darf, dann haben wir in Deutschland über die letzten Jahre (2012 bis 2016) so gut wie gar kein Wachstum für Cider gesehen. Dies steht ein wenig im Gegensatz zu den Aussagen vom VdFw, kann allerdings auch auf eine unterschiedliche Datenbasis oder einen anders gearteten Betrachtungszeitraum zurückzuführen sein.

Ja, sowohl Craft Biere als auch Cidre sind Trendgetränke, die ich spannend finde. Allerdings, wie auch schon im letzten Jahr angedeutet, glaube ich, dass diese beiden alkoholhaltigen Getränke ihren Wachstumszenit erreicht haben und wir in Zukunft vielleicht etwas weniger von ihnen Hören, Sehen und Schmecken werden. Natürlich werden sie nicht aus dem deutschen Markt verschwinden, das wäre ja auch zu schade.

Wermut und die grüne Fee

Ich muss zugeben, in unserem letzten Spirituosen Artikel hatten wir ein alkoholisches Getränk nicht auf dem Radar, das sich aber zugegebener Maßen mehr und mehr als Trendgetränk entpuppen könnte: der Wermut. Insbesondere, wenn man sich mit Bartendern und Gastroexperten unterhält, wird einem verdeutlicht, dass der gute alte Wermut eine Renaissance erlebt. Ja, im klassischen Martini Dry war weißer Wermut schon immer ein wichtiger Bestandteil. Gleiches galt für den roten Wermut im Negroni. Doch auch darüber hinaus scheint es gerade so, als wenn immer mehr Hersteller, das Potenzial von Wermut erkannt haben und immer neue Varianten auf den Markt bringen. Auch die zunehmende Vorliebe für leicht bittere Getränke, gepaart mit einer angenehmen Süße verleihen den Wermut im wahrsten Sinne des Wortes Flügel. Speziell seine besondere Fähigkeit als perfektes Mixgetränk agieren zu können, machen ihn nicht nur bei Bartendern sehr beliebt. Der letzte „Schrei“ ist im Übrigen der Aperitif „MARTINI Fiero Tonic“ – bitter trifft bitter und ein bisschen süß.

Was ist Wermut? „Wermut (international auch Vermouth) ist ein mit Gewürzen und Kräutern aromatisierter und aufgespriteter Wein mit einem vorgeschriebenen Alkoholgehalt zwischen 14,5 und 21,9 Volumenprozent Alkohol und unterschiedlich hohem Zuckergehalt.“ Quelle. Wikipedia Mehr zum Thema Wermut, findet ihr im Übrigen hier: /negroni-gin-cocktail/

Ach ja, wenn wir schon über Wermutgetränke sprechen, dann sollten wir den Absinth natürlich nicht außen vorlassen. Absinth war im 19. Jahrhundert die Trend Spirituose der französischen Künstler und- Arbeiterklasse. Damals kam Absinth auf die Verbotsliste, da er aufgrund des hohen Thujon-Gehaltes, zu Abhängigkeit und gesundheitliche Schäden führte. Seit Ende der 90iger Jahre ist diese Spirituose wieder in Deutschland erhältlich und erfreut sich seitdem einer „schwankenden“ Beliebtheit. Absinth wird in der Regel nicht pur getrunken, sondern mit Wasser verdünnt. Dieses führt zum sogenannten Louche Effekt, bei dem sich die klare Flüssigkeit milchig färbt. Auch wenn der Anteil von Absinth am Spirituosengesamtabsatz in Deutschland eine nahezu verschwindet geringe Bedeutung hat, so handelt es sich bei diesem grünen alkoholischen Getränk dennoch um ein Trendgetränk, dass sich zunehmender Beliebtheit erfreut.

Sake – oder wie aus nur vier Zutaten ein kleines Wunder entsteht

Zugegebener Maße, der Genuss von Premium Sake löst bei mir immer noch Glücksgefühle aus. Deshalb bin ich, wenn es um dieses Getränk der Götter geht, vielleicht nicht immer ganz objektiv. Nichtsdestotrotz bin ich davon überzeugt, dass Premium Sake (im Japanischen oft auch als Nihonshu bezeichnet) in Deutschland und Europa, eine höhere Aufmerksamkeit verdient hat. Wer sich einmal mit dem Thema Sake beschäftigt und die Geschmacksvielfalt entdeckt hat, wird begeistert sein. Dies ist vielleicht auch der Grund, warum Spitzenköche, wie beispielsweise Tim Raue, dem Getränk, welches lediglich aus vier Zutaten (Wasser, Reis, Koji und Hefe) hergestellt wird, mehr und mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. Auch wenn Sake weder Wein noch Bier ist (!) gibt es kaum andere alkoholische Getränke, die so perfekt für das „Food-Pairing“ geeignet sind.

Wenn ihr im Übrigen auf der Suche nach guten deutschen Sake-Online-Shops seid, dann werdet ihr hier bestimmt fündig: https://tokuri-sake.de/ und https://www.japan-gourmet.com/

Das Besondere ist, Sake ist nicht gleich Sake und dieses reisbasierte Getränk aus Japan punktet nicht mit seinen über 500 möglichen Geschmacksausprägungen, sondern auch mit seinem Facettenreichtum: Neben der „normalen“ Premium Sake gibt es beispielsweise Aged Sake, Namazake (nicht-pasteurisierte Sake) und Sparkling Sake – viele besonders und ganz speziell. Für mich ist und bleibt Sake ein echtes Trendgetränk, auch wenn der Sake-Konsum in Deutschland einen nahezu verschwindend geringen Anteil bezogen auf den Sake-Gesamtkonsum ausmacht. Da wir von omoxx nicht nur echte Sake-Liebhaber sind, sondern wir auch glauben, dass Sake eines der am meisten unterschätzten Getränke ist, werden wir euch in diesem Jahr mit einer besonderen Ankündigung überraschen…

Ein immer noch flüssiges Fazit

Ich muss zugeben, selten fand ich die Entwicklung auf dem deutschen Getränke- und Spirituosen Markt so spannend wie im Moment und dabei kann ich noch nicht einmal sagen, woran es genau liegt. Vielleicht weil die deutschen Spirituosen-Hersteller kreativer und risikofreudiger werden. Natürlich muss man nicht alles gutheißen, was hinter den (deutschen) „Spirituosen-Kulissen“ passiert aber das verlangt auch keiner. Es ist der mündige Verbraucher gefragt, der auch mal kritisch Preise und Qualitäten hinterfragt und nicht jeden (Marketing) Quatsch mitmacht. Dies ist selbstredend nicht immer einfach.

In einem sehr fundierten Gastbeitrag hat sich Spirituosen-Experte Philipp Windgassen mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt. /das-spirituosen-manifest/ Nichtsdestotrotz gibt es natürlich zahlreiche innovative Hersteller, die nicht nur trendige und hoch qualitative Produkte erzeugen sondern diese auch zu „fairen“ Preisen in den Markt bringen. Und auch auf der Distributoren- und Handelsseite gibt es Unternehmen, die nicht nur margenorientiert agieren, sondern auch risikofreudig sind und neue, coole Trends unterstützen. Generell kann festgehalten werden, dass Deutschland getränketechnisch offener, kreativer und innovativer geworden ist. Dies gilt sowohl für die Herstellung als auch den Konsum. Abgesehen von einigen „Verfehlungen“ (Stichwort Alkopops und Biermischgetränke) sehen wir in Deutschland einige interessante Trends für 2019. Die Geschichte von Gin wird weitergeschrieben. Rum und Whisky (auch aus lokaler „Produktion“) bekommen einen neuen Stellenwert. Tequila und Mezcal werden zu neuen Szene-Getränken. Wermut wird wiederentdeckt. Cidre und Craft Bier werden auch in 2019 auf vielen Getränkekarten stehen. Und Sake bleibt für mich eines der interessantesten Getränke überhaupt, auch wenn er in Deutschland „nur“ eine sehr sehr kleine Nische besetzten wird – noch. Der mündige Konsument wird auch in diesem Jahr zunehmend auf regionale und qualitativ hochwertige Produkte setzen. Mir ist es noch wichtig darauf hinzuweisen, dass es immer um einen maßvollen Genuss und einen verantwortungsvollen Umgang mit alkoholischen Getränken gehen sollte. In diesem Sinne: „Prost 2019“. Übrigens wenn ihr euch selber über diesjährigen „flüssigen Trends“ Gedanken gemacht habt und diese mit uns teilen wollt: Wir freuen uns auf euer Feedback!