Kochen in seiner ursprünglichsten Form

Lamm in der Feuergrube

März 2018 | Fleisch, Magazin

Dieser Blick, als ich unseren Gästen sagte, dass es jetzt gleich was zum Essen geben würde und ich erst mal zum Spaten griff :)
Ich hab an Silvester mein Essen in einem Erdloch gekocht, das war eine spannende Erfahrung – aber ich kann es definitiv weiterempfehlen!

An Silvester koche ich meistens zusammen mit Doc Joe RG. Das ist inzwischen eine schöne Tradition bei uns. Die letzten Jahre haben wir es allerdings ein bisschen übertrieben: Jeder von uns wollte dem anderen zeigen, was er draufhat, und so sind Menüs mit bis zu 12 Gängen entstanden. Das war irgendwann ziemlich anstrengend – für uns Köche genauso wie für die Gäste. Schließlich muss man das alles auch erst mal essen.

Dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, ’nur‘ vier Gänge zu kochen. Jeder zwei – na gut, ein Gruß aus der Küche durfte noch dazu, und das Dessert haben wir ausgelagert. Am Ende waren es dann doch wieder neun Gänge. Eigentlich wollten wir uns weniger Arbeit machen …
Das Motto für den Abend war „Die vier Elemente“: Feuer, Erde, Wasser und Luft. Ich habe das Element Erde übernommen und lange überlegt, wie ich das umsetzen soll. Wenn man nur zwei Gänge „darf“, wollte ich in meinen zeigen, was alles daraus machbar ist. Statt viele Gänge zu kochen, habe ich also viele Komponenten eingebaut (Doc Joe RG war da genauso wenig zurückhaltend).

Element Erde

Bei „Erde“ war für mich schnell klar: Ich wollte Zutaten verwenden, die aus der Erde kommen, und direkt in der Erde kochen. Zum einen wegen des Showeffekts, zum anderen, weil ich das noch nie gemacht hatte und schon immer wissen wollte, ob das funktioniert. (Spoiler: Es funktioniert – und wie!)

Natürlich ist Silvester nicht gerade für mediterrane Temperaturen bekannt, und ein Loch im Garten zu graben, ist bei Minustemperaturen nicht gerade einfach. Zum Glück gab es in der Woche vor Silvester ein paar mildere Tage, an denen der Boden nicht komplett gefroren war. Diese Gelegenheit habe ich genutzt und ein ordentliches Loch ausgehoben. Rückblickend wäre eine Nummer kleiner auch okay gewesen – aber das ist halt die gute alte männliche Selbstüberschätzung. Das Loch war gut 70–80 cm tief. Unten habe ich Ziegelsteine ausgelegt, die die Hitze speichern sollten, wenn das Feuer brennt.

Das Feuer muss mindestens drei Stunden brennen, bevor man anfangen kann zu kochen. Ich hatte mir ausgerechnet: Wenn mein Gang um 21:30 Uhr auf den Tisch kommen soll und Fleisch und Gemüse etwa drei Stunden brauchen, muss ich spätestens um 14:00 Uhr mit dem Feuer machen loslegen. Feuer hat für mich immer eine gewisse Faszination – es ist so archaisch, so ursprünglich. Obwohl ich noch nie in einem Erdloch gekocht hatte, war ich mir ziemlich sicher, dass es klappt.

Als es dunkel wurde und das letzte Holz verbrannt war, kam der große Moment. Die Lammkeule und das Gemüse hatte ich in Salzteig eingewickelt. In den Tipps, die ich im Netz gefunden habe, stand, man solle frischen Grasschnitt verwenden. Aber im Winter wächst kaum Gras, also musste ich mir etwas anderes überlegen, um eine Schutzschicht zwischen Essen und Erde zu schaffen.

Zuerst habe ich den Großteil der Glut aus dem Loch geholt und beiseitegelegt. Auf die jetzt glühend heißen Ziegelsteine legte ich die Salzteigpakete. Die restliche Glut kam drumherum und darüber, und alles wurde mit Erde bedeckt. Dann hieß es: abwarten.

Nach drei Stunden griff ich wieder zum Spaten. Die Gäste standen skeptisch hinter mir, als ich vorsichtig die Erde abtrug. Mit etwas Sorge stellte ich fest, dass die Temperatur im Loch stärker gesunken war, als ich erwartet hatte. Der Boden war feucht, und meine Ausgrabungen glichen eher einer Schlammschlacht. Zuerst kamen die Sellerieknolle und die Rote Bete zum Vorschein, der Braten war etwas weiter links vergraben. Nach und nach holte ich alles heraus. Optisch war das Ganze eher … na ja, sagen wir mal rustikal (deshalb gibt’s davon auch keine Fotos). Der Salzteig war nicht ganz so durchgebacken, wie ich gehofft hatte, aber Fleisch und Gemüse waren perfekt gegart.

Zurück in der Küche entfernte ich den Teig und begann, meinen Gang zusammenzubauen. Aus der Sellerieknolle machte ich ein Püree, die Rote Bete wurde fein geschnitten und mariniert. Dazu gab es frittierte Kerbelrüben und in brauner Butter geschwenkte Knollenziest. Das Fleisch und Gemüse habe ich auf einem Beet aus „Broterde“ angerichtet – passend zum Thema.

Dank des Salzteigs waren Fleisch und Gemüse schon optimal gewürzt. Etwas atemlos, aber immerhin rechtzeitig, bevor jemand verhungert ist, kam der Gang schließlich auf den Tisch.

Ein richtiges Rezept kann ich euch hier gar nicht geben. Aber der Tipp: Wenn ihr die Möglichkeit habt, ein Erdloch zu graben und darin zu kochen, probiert es aus! Es macht unglaublich viel Spaß, und eure Gäste werden staunen.