2018 war ein spannendes Jahr für mich – auch in Sachen Gin. Wir waren auf zahlreichen Messen und Events, haben regelmäßig den Münchner Gin Stammtisch besucht sowie die 28 Days of Gin vom Bloggerkollegen Karl Fröhlich unterstützt. Natürlich haben wir auf unseren Reisen neue aber auch etablierte Gins probiert – von Österreich, über Schottland bis Japan. Persönliche Gin-Highlights waren das von uns organisierte Gin-Event bei ascaim und unsere drei selbst veranstalteten Gin-Tastings. Das letzte dieser Art fand kurz vor Weihnachten statt. Die Erfahrungen aus diesem Tasting habe ich zum Anlass genommen, einen etwas kritischen Blick hinter die „Gin-Kulissen“ zu werfen.
Ein besonderer Gin für eine besondere Jahreszeit
Wenn man in seinem Leben mehr als 300 verschiedene Gins probiert hat und kurz vor Weihnachten ein Gin-Tasting mit Gin-Liebhabern und Blogger-Kollegen veranstaltet, dann darf es auch schon mal was ganz Besonderes sein. Oder besser gesagt: am Ende des Jahres wollten wir mit unserem „Xmas-Gin-Tasting“ noch einmal einen ganz besonderen Akzent setzen. Aus diesem Grund wurden weder Kosten noch Mühen gescheut und wir haben ganz tief in die Gin-Trickkiste gegriffen und sieben besondere Schätzte hervorgehoben – zumindest war dies die Idee. Spezielle Weihnachtsgins, besondere Editionen bis hin zu fassgelagerten Gins, standen auf unserem Tasting-Programm. Allem in allem sollte somit den zu erwartenden Geschmacks-Highlights nichts mehr im Wege stehen…dazu aber später etwas mehr.
Über Distiller‘s Cut und Special Editions
Viele von euch, die regelmäßig in unserem Magazin stöbern, wissen Gin ist nicht gleich Gin. Es wird nicht wenige unter den Lesern geben, die bei der „Gin-Artenvielfalt“, welche teilweise ausufernde Züge angenommen hat, den Überblick verloren haben. Ganz ehrlich, ich nehme mich hiervon nicht aus. Dies ist allerdings auch kein Wunder, bei den deutlich mehr als 5.000 (!!!) verschiedenen Gin-Sorten, die es weltweit gibt. Interessanterweise haben viele Gin-Hersteller nicht nur mehr einen Gin im Angebot, sondern versuchen über ein wachsendes Gin-Portfolio ihr Angebot zu diversifizieren. Dieses hat verschiedenen Gründe. Zum einen versucht man mit einem breiteren Angebot den Brand stärker zu etablieren. Das Angebot von mehreren verschiedenen Gins lässt ein Unternehmen gleich (optisch) größer erscheinen. Da die Geschmäcker beim Gin sehr unterschiedlich sind, erreiche ich durch ein breiteres Portfolio außerdem auch eine größere (und unterschiedliche) Zielgruppe. Dieses führt dann auch zum letzten Punkt. Wenn ich mit einem Produkt meinen Wachstumsgrenze erreicht habe, brauche ich neue Produktideen und schwuppdiwupp wird dann die „Artenvielfalt“ erweitert. Diese Erweiterung kann bei Gin unterschiedliche Ausprägungen haben: neue, zusätzliche oder andere Botanicals, veränderte Produktions- bzw. Herstellungsweise(n), andere Gin-Art (/gin-sorten-welcher-gin-passt-zu-mir/), zusätzliche Lagerform (beispielsweise Fass), veränderte Alkoholstärke (Stichwort „Navy Strength“) und einiges mehr. Gerade bei der Herstellung von Gin ist der Kreativität kaum eine Grenze gesetzt – das ist ja erst einmal durchaus positiv. Neben den oben angesprochenen Diversifikationsmöglichkeiten gibt noch eine weitere, die im engeren Sinne aber auch hierunter subsumiert werden kann: die Produktion von Sondereditionen und/oder sogenannte Distiller‘s Cut Editionen. Regelmäßig im letzten Quartal des Jahres überkommt einen das Gefühl, dass man geradezu von streng limitierten Sonder- und Distiller‘s Cut Editionen überschüttet wird. Wie der Name schon irgendwie induziert stehen bei dieser Art der Gin-Produkte in der Regel zwei Dinge im Vordergrund. Erstens eine Limitierung im Produktionsvolumen (bspw. 1000 Flaschen) und zweitens eine Restriktion der zeitlichen Verfügbarkeit. Mit anderen Worten, wenn eine Sonderedition verkauft ist, dann wird nicht nachproduziert; es wird höchstens eine nächste (neue) Sonderedition aufgelegt. Die Besonderheit von Sonder- und Distiller‘s Cut Editionen bestehen zum einen in der Auswahl von Botanicals, die in irgendeiner Form von der Norm abweichen (und wenn es nur ein zusätzliches Botanical ist) und zum anderen im veränderten Flaschendesign. Dieses kann von einem veränderten Label bis hin zu einer völlig eigenständigen neu konzipierten Flasche reichen. Es kann aber auch vorkommen, dass für Sondereditionen ein verändertes/neues Herstellungsverfahren gewählt wird. Es versteht sich schon fast von selber, dass limitierte Sonder- und Distiller‘s Cut Editionen anders „be-preist“ werden als die regelmäßig verfügbaren Gin-Produkte, wobei es auch hier rühmliche Ausnahmen gibt. Mir obliegt es nicht, über die Sinnhaftigkeit einer künstlichen Verknappung und ein optimiertes Margendenken zu „philosophieren“ – auch wenn es in vielerlei Hinsicht um nichts Anderes geht. Letztendlich wird das Angebot über die Nachfrage determiniert und wenn ein Gin Sammler bereit ist, für ein limitiertes Produkt den doppelten oder dreifachen Preis zu zahlen, dann ist es seine Entscheidung…Punkt aus. Wer allerdings glaubt, dass alles Gold ist, was den Aufdruck Distiller’s Cut oder Sonderedition trägt, wird sicherlich das eine oder andere Mal enttäuscht werden. Und hier ist es an jedem selber zu entscheiden, welchen Preis er bereit ist zu zahlen und welche Qualität er im Gegenzug dafür erwarten kann. Allerdings spielt die Qualität für einen Sammler meines Erachtens so oder so eher eine untergeordnete Rolle.
Der erste Gin Distillers Cut wurde Ende 2011 von Black Forest Distillers GmbH, besser bekannt unter dem Brand Namen „Monkey 47“, auf den Markt gebracht. Seitdem gibt es jedes Jahr eine neue limitierte Edition dieses Schwarzwald Dry Gins. Während es im ersten Jahr noch 3000 Flaschen waren, ist die Produktion seit 2012 auf jährlich 4000 Flaschen limitiert. An dem Monkey 47 Distiller‘s Cut Prinzip hat sich jedoch seit jeher nichts verändert. Dem Distiller’s Cut wird neben den typischen 47 Botanicals des Monkey 47 Gins jeweils eine weitere „Zutat“ hinzugefügt. Danach ruht das Destillat für zwölf Monate in Steingutfässern, bevor jede einzelne Flasche ist mit dem Jahrgang und einer Flaschennummer versehen wird. Da der Monkey 47 Distiller’s Cut unter Sammlern wie Gin-Connaisseuren sehr beliebt ist, werden mittlerweile für die ersten Editionen weit über 500 Euro aufgerufen.
Die Sache mit dem Fass…
Was hat uns 2018 über Gin gelehrt und welcher Trend bei Gin ist auch im Jahre 2019 klar erkennbar? Ganz einfach: jeder gute Gin braucht eine Fasslagerung. Ach wirklich? Na ja, jeder der mich kennt weiß, dass ich dem Thema „Reserved Gin“, „Cask Gin“, „Matured Gin“ also Gin, der in irgendeiner Form im Holzfass gelagert wurde, relativ kritisch gegenüberstehe. Dementsprechend muss die obige Aussage natürlich mit einer gehörigen Portion Stirnrunzeln gesehen werden. Fakt ist allerdings, dass mehr und mehr Destillerien dazu übergegangen sind, (auch) fassgelagerte Gins anzubieten – Tendenz weiter steigend. Aber was ist denn jetzt genau die Krux – oder besser gesagt, die Herausforderung – eines fassgelagerten Gins? Aus meiner Sicht besteht diese in zwei Elementen: der Lagerzeit und der Wahl eines adäquaten Holzfasses. Lagere ich einen Gin zu kurz im Holzfass, dann wird er die fasstypischen Geschmackscharaktereigenschaften nicht übernehmen und lagere ich ihn zu lange im Fass, dann verliert der Gin seine typischen Charakterzüge. Einige von euch werden jetzt zu Recht fragen, was denn Gin-typische Charakterzüge sind. Denn wie schon mehrfach herausgestellt, gibt es nicht den einen Gin. Selbst eine London Dry Gin muss nicht immer und notwendigerweise die klassischen wacholderlastigen Noten aufweisen. Nun ja, ich will es einmal so formulieren, „klassische Gin-Charakterzüge“ zeichnen sich für mich dadurch aus, dass ein Gin nicht vollständig seine Wacholdernote verleumdet und er einen eindeutigen klaren und authentischen Körper aufweist. Ein Obstler, ein reines Kirschdestillat oder ein Vogelbeerenschnaps können feine Sachen sein, sind aber niemals ein Gin.
„Ein drei Monate im Fass gelagerter Gin ergibt noch keinen Whisky oder Rum“
Dies ist auch genau der Grund, warum es bei fassgelagerten Gins so kompliziert wird und dabei haben wir die Dimension „Fass“ noch nicht einmal andiskutiert. Denn anders als bei Whisky und Rum spielt bei Gin die Wahl des Fasses – ja, man mag dieses kaum Glauben – nochmal eine größere Rolle. Wie kann das denn jetzt sein? Nun ganz einfach während Whisky und Rum über mehrere Jahre im Eichenfass (dies können bspw. Sherry-, Portwein- oder Brandyfässer sein) lagern, beschränkt sich der „Lagerungsprozess“ bei Gin auf wenige Monate, maximal ein Jahr. Und möchte ich Gin nicht gänzlich seines Charakters berauben, scheiden bestimmte Holzsorten bei Fässern (und meiner Ansicht nach auch sämtliche alte Fässer) aus. Mit anderen Worten, einen Gin in ein altes Eichenholzfass zu legen ist ungefähr genauso sinnvoll, wie einen 18-jährigen Yamazaki Whisky mit Cola zu trinken. Aber warum muss jetzt ein Gin überhaupt drei Monate in ein Holzfass? Tja, da wären wir wieder bei dem Thema „Diversifizierung“ und dieses haben wir ja schon ausführlich diskutiert. Wo ich persönlich immer ein ungutes Gefühl habe, ist, wenn sich der Preis exponentiell entwickelt, nur weil der Gin einmal „hallo“ zu einem Holzfass gesagt hat. Diesem stehe ich äußerst kritisch gegenüber, denn verglichen mit der Fasslagerung von einem Single Malt Whisky und einem Premium Rum – hier reden wir locker von einer Fasslagerung von 10+x Jahren – fallen beim Gin Faktoren wie, Kapitalbindung, Angel’s Share, Lagerhaltungs- und Opportunitätskosten fast gar nicht ins Gewicht.
Schottischer Whisky muss laut Gesetz mindestens 3 Jahre und einen Tag im Fass reifen. Ein Single Malt Whisky lagert in der Regel sogar 10 Jahre und länger in Fässern, so dass man nur sehr selten Single Malt Whiskys findet, der weniger lange gelagert wurden. Bei sehr guten Single Malt Whiskys beträgt der Reifungsprozess sogar häufig 12 bis 21 Jahre. Single Malt Whiskys werden grundsätzlich in Eichenfässern gelagert, da nur diese Holzsorte die Anforderungen nach Beständigkeit und Atmungsaktivität im ausreichenden Maße erfüllt.
Für Rum gibt es erst einmal keine festgelegte Grenze, wie lange dieser gelagert werden sollte. In der Regel wird ab einem Lagerzeitraum von 10 Jahren von hochwertigem, altem bzw. Premium Rum gesprochen. Nicht selten wird Rum aber auch länger als 20 Jahre gelagert, so trifft man beispielsweise auf Reifestufen von 21 oder 23 Jahren. Ein derartiger Rum wird oftmals mit Produktbezeichnungszusätzen, wie Extra Reserve, Reserva Exclusiva oder XO in den Markt gebracht. Ähnlich wie bei Whisky wird Rum ausschließlich in Eichenfässern gelagert.
Es sollte angemerkt werden, dass dieses meine persönliche Meinung wiederspiegelt und letztendlich bestimmt auch hier die Nachfrage wieder das Angebot. Und nur damit wir uns nicht falsch verstehen: es gibt richtig gute fassgelagerte Gins (auch zu annehmbaren Preisen), von innovativen Destillerien, die wissen, wie lange und in welchen Holzfässern ein guter Gin gelagert werden muss. So, und wenn ihr dann schon einen ordentlichen Preis für einen hoffentlich ebenso ordentlichen Reserve Gin ausgebt, dann genießt ihn vorzugsweise pur.
„Wann ist ein Gin ein Gin“ – eine fast schon philosophische Betrachtung
Nicht selten werde ich bei persönlichen Diskussionen, in Internetforen oder bei den Social Media Kanälen auf das Thema „ja ist denn das noch ein Gin“ angesprochen. Diese Frage und die Frage „Was macht für dich einen guten Gin aus?“ steht im gleichen Zusammenhang wie „Was ist dein Lieblingsgin?“. Thomas hat einmal die Frage für Whisky auf den Punkt beantwortet. „Ein guter Whisky ist für mich ein Whisky, der mir schmeckt.“ Auch wenn, das vielleicht etwas simplifiziert ist, ja genauso ist es. Aber dieses heißt noch lange nicht, dass wenn mir ein Gin nicht schmeckt, es nicht andere gibt, die ihn gut finden. Und ganz ehrlich, wir wollen auch nicht behaupten, dass wir den perfekten Geschmack haben und aus einem Gin mit mehr als 30 Botanicals jedes einzelne herausschmecken. Grundlegend ist es aber mit Geschmäckern nun mal so, dass sie sehr unterschiedlich sind (und sich in der Regel über die Zeit verändern). Selbst bei mir ist der Fall. Es gibt Tage, da finde ich einen klassischen Gin super und es gibt Tage da trinke ich lieber einen komplexen New Western Gin oder einen außergewöhnlichen New Eastern Gin. Die Beantwortung der Frage nach meinem „Soul-Gin“ wird also leider immer wieder mit einem Bataillon von Gegenfragen beantwortet, die da reichen von „in welcher Stimmung bin ich aktuell?“, über „welche Jahreszeit haben wir?“ oder „wo befinde ich mich gerade?“. Die große Gin-Vielfalt, die unterschiedlichen Vorlieben für Gin und die unterschiedlichen Ausprägungen von Gin waren war auch genau der Anlass für uns, die CAMY-Gin-Skala ins Leben zu rufen. Hier geht es nicht um gut oder schlecht, sondern um „geschmackliche Charaktereigenschaften“. Aber ja, wir bilden hier natürlich überwiegend Gins ab, die wir als besonders, außergewöhnlich, interessant oder „verrückt“ bezeichnen und die wahrscheinlich nicht auch schon 1000-mal woanders besprochen wurden. Den auch das stellt häufig ein Phänomen dar, welches ich gerne mit dem Terminus „Mainstream-Gin-Trinker“ umschreibe: „…wenn so viele Leute diesen Gin trinken und er in so vielen Foren hoch gelobt wird, dann muss er ja gut sein…“.
Und was ist jetzt Gin?
Kommen wir aber noch einmal zu unserer Ausgangsfrage: „Ja ist das denn noch ein Gin?“ zurück. Grundsätzlich muss man sich immer erst einmal vor Augen führen, dass Gin (neben Wodka) das am günstigsten zu produzierende Destillat schlechthin ist. Natürlich kann diese Aussage ein wenig durch den verwendeten Basisalkohol und die benutzten Botanicals relativiert werden aber letztendlich ist das nicht ausschlaggebend. Das einzig konstituierende Element im Gin ist und bleibt der Wacholder, so dass man bei der Wahl der Botanicals große Freiheitsgrade hat. Diese werden sogar noch größer, sofern auf der Gin-Flasche nicht „London Dry Gin“ (dies ist im Übrigen eine Qualitätsbezeichnung und keine Ursprungsbezeichnung) stehen soll. Bei allen Nicht-London-Dry-Gins sind bspw. auch naturidentische Zutaten zulässig und auch weitere den Herstellungsprozess betreffende Faktoren können theoretisch lockerer gehandhabt werden (Welcher Gin passt zu mir?). Heißt das jetzt, dass Unternehmen, die keinen London Dry Gin herstellen nur minderwertigen Gin produzieren? Absolut NEIN, das heißt lediglich, dass bei Destillerien, die keinen London Dry Gin produzieren, die Freiheitsgrade generell größer sind. Ich kenne zahlreiche Destillieren, die „nur“ einen Dry Gin oder einen Destilled Gin produzieren und die das höchste Augenmerk auf die Qualität legen und deren Gins ganz hervorragend sind. Freiheitsgrade können sich somit auch in außergewöhnlichen Gins (mit außergewöhnlichen Botanicals) manifestieren. Gins, die häufig als New Western Gins bezeichnet werden, fallen genau in diese Kategorie. Und hier fängt dann genau die philosophische Diskussion an, bei der einige „London Dry Gin Puristen“ zu Felde führen werden, dass zahlreiche New Western Gins geschmackstechnisch keinen Gin mehr abbilden, weil ihnen das „konstituierende Merkmal“ Wacholder (zu sehr) geschmacklich abhandengekommen ist. Gleichermaßen könnte auch bei Gins, die ich gerne als New Eastern Gins (Gins, die vor allem in Japan mit landestypischen Botanicals produziert werden) bezeichne, argumentiert werden. Verfechter von geschmacklich eher komplexeren (New Western oder New Eastern) Gins werden im Gegenzug jetzt argumentieren, dass Wacholder in der Tat die einzige Zutat ist, die gesetzlich vorgeschrieben ist, es aber nirgendswo steht, dass diese geschmacklich im Vordergrund stehe muss. Was soll also falsch sein an komplexen Gins, die eine größerer Anzahl an Botanicals verwenden? Welche der beiden Richtungen hat jetzt also Recht? Tja, wie so oft im Leben sind beide Aussagen valide und dementsprechend gibt kein richtig oder falsch, sondern lediglich eine Antwort, die sich in den Geschmackspräferenzen jedes einzelnen Gin-Liebhabers niederschlägt. Daher haben meiner Meinung sowohl stark wacholderbetone London Dry Gins als auch hochkomplexe New Western/Eastern Gins ihre Daseinsberechtigung – und dazwischen gibt es ja immer auch noch zahlreiche Abstufungen. Allerdings – und dieses habe ich ja schon an anderer Stelle betont – sollte ein Gin niemals seinen ursprünglichen Charakter aufgeben und authentisch sein. Und ja zu seinem ursprünglichen Charakter gehört nun mal auch der Wacholder. Wie gesagt, meine Präferenz für den einen oder andern Gin hängt stark von meiner „Tagesform“ ab, ALLERDINGS bleibe ich meinem Standpunkt treu, dass bestimmte andere Destillate, die keinen Wachholder ihr eigen nennen, auch niemals einen Gin darstellen können.
Weihnachts-Gin-Tasting, unsere Erfahrungen
Einige von euch werden sich sicherlich fragen, was die bisherigen Ausführungen mit dem Weihnachts-Gin-Tasting zu tun haben und warum ich euch jetzt so lange auf die Folter gespannt habe. Nun ganz einfach, für dieses Tasting haben wir eine Auswahl an Gins auf den „Teststand“ gestellt, die genau in oben beschriebenen Kategorien „Special Edition“ und „Reserve Gin“ einzuordnen sind und sich weit außerhalb der Dimension eines „klassischen wacholderbetonen Gins“ bewegen. Die potentielle Frage, ob es sich bei diesen Gins noch im Gin handelt, haben wir ja jetzt schon an anderer Stelle (philosophisch) beantwortet. Viel interessanter ist jetzt aber die Frage, ob diese speziellen Gins auch unsere Erwartungen erfüllt haben – auch im Preis-/Geschmacksgefüge. Und da fängt es an sehr spannend zu werden. Lasst uns vorab aber einen kurzen Blick auf die Gins werfen, die wir verkostet haben. Die Auflistung erfolgt in der Reihenfolge der Verkostung uns stellt keine Rangfolge oder Präferenzliste dar.
- Four Pillars Gin – Australian Christmas Gin 2018 (Australien)
- Ginmacher Gin – Weihnachtsedition „Hüttenzauber Gin“ (Deutschland)
- Ferdinands Saar Dry Gin, 5 Jahre Edition (Deutschland)
- KI NOH BI 3rd Edition – Cask-aged Kyoto Dry Gin (Japan)
- Gin Sul – Beijinho do Sul Distilled Gin (Deutschland)
- Beefeater – Burrough’s Reserve Edition 2, Oak Rested Gin (England)
- Edinburgh Gin – Christmas Gin (Schottland)
Das Tasting erfolgte natürlich wie immer blind und erst einmal wurde jeder Gin pur getestet. Die „Test-Jury“ setzte sich diesmal aus sechs verschiedenen Teams zusammen und repräsentierte dabei Food-Blogger, Blogger für die „flüssigen Freuden des Lebens, ein Food und Bar Magazin sowie einen Online-Shop für Whisky und Gin. Natürlich werden wir alle Gins wieder in unserer CAMY-Gin-Skala abbilden, auch wenn es uns diesmal bei einigen Gins etwas schwerer fällt. Ihr erinnert euch noch: „…wir bilden hier natürlich überwiegend Gins ab, die wir als besonders, außergewöhnlich, interessant oder „verrückt“ bezeichnen…“. Und genau da fängt die Krux an. Bei einigen der von uns verkosteten – insbesondere den drei teuersten Gins – muss man schon sehr lange suchen, um die oben beschriebenen Charaktereigenschaften zu finden. Da wir uns aber jetzt schon einmal die Arbeit gemacht haben, wollen wir euch die Ergebnisse – und zwar alle – nicht vorenthalten. Zusammengefasst zeigt es aber wieder einmal, dass nicht alles, was teuer ist auch herausragend ist und dass nicht alles was im Leben einmal ein Fass gesehen hat, einen dahin schmelzen lässt. Oder anders ausgedrückt, mehr als die Hälfte der von uns verkosteten Gins hat uns nicht oder nur unzureichend überzeugt. Wir bei omoxx haben uns ganz bewusst bis dato aus der Preisdiskussion für Gin herausgehalten – ganz einfach, weil es ein sehr schmaler Grad ist, auf dem man sich dort bewegt. Allerdings lassen wir es uns nicht nehmen, Stellung zu beziehen, dafür sind wir ja ein unabhängiges und neutrales Magazin. Ja und wenn man dann schon ein hochpreisiges Produkt anbietet, dann sollte einfach auch die Qualität stimmen. Ich behaupte allerdings, dass wir hier, insbesondere bei den „speziellen“ Gins, mehr und mehr in Schieflage geraten…wie gesagt, rühmliche Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber überall dort, wo es Schatten gibt, gibt es natürlich auch Licht, so auch bei unserem Weihnachts-Gin-Tasting. Daher freuen wir uns umso mehr, den Ferdinands Saar Dry Gin 5 Jahre Edition, den Four Pillars Australian Christmas Gin 2018 und den Ginmacher Hüttenzauber Gin als besonders herausstellen zu können. Alle weiteren Details und die einzelnen Geschmacksergebnisse findet ihr dann zeitnah wieder in der CAMY-Gin-Skala.
Meine Gin-Empfehlungen für euch für 2019
Auch in 2019 wird sich Gin wieder einer großen Beliebtheit erfreuen und natürlich kann davon ausgegangen werden, dass sich die Nachfrage nach diesem tollen Wacholderdestillat auf einem weiterhin hohen Niveau bewegen wird. Und da wir uns gerade am Jahresanfang befinden, möchten wir euch gerne mit 12 Gin-Empfehlungen für Jahr 2019 versorgen. Warum jetzt gerade 12? Nun, wir hätten auch 10 oder 100 aussprechen können, allerdings haben wir uns gedacht, warum nicht in 2019 in jedem Monat einen neuen Gin probieren. So ist fast eine Art Gin-Kalender entstanden – allerdings möchten wir euch den Freiraum geben, selber zu entscheiden, in welchem Monat ihr welchen Gin genießt. Natürlich ist uns klar, wie schwierig es ist, aus deutlich mehr als 5.000 Gins 12 Highlights auszuwählen – zu unterschiedlich sind die Geschmäcker, die Vorlieben und die persönlichen Präferenzen. Deshalb stellt die nachfolgende Auswahl quasi unsere „Soul-Gin-Liste“ dar. Sie repräsentiert geschmacklich sehr unterschiedliche Gins, aus unterschiedlichen Ländern der Welt, die wir als besonders empfinden und die es nicht in jedem Supermarkt um die Ecke oder standardmäßig in jeder Bar gibt. Wir hoffen, dass dies eine kleine Inspiration darstellt und wünschen euch viel Spaß beim Probieren.
- Neeka Gin (Deutschland) – nur 5 Botanicals, super zusammengestellt und komponiert
- Isle of Harris Gin (Schottland) – die Seebrise im Glas…eine kleine Sensation
- Ginlovers Gin (Portugal) – sehr komplexer Gin, super abgestimmt
- Raetia Gin (Deutschland) – ein Newcomer aus Bayern…sehr spannend
- Copperhead Black Batch (Belgien) – Feine Zauberei von den Alchimisten aus Belgien
- Brooklyn Gin (USA) – Fast schon ein Klassiker mit Mais als Basis…alles andere als langweilig
- Ascaim Eschenblatt Gin (Deutschland) – der Wacholderliebling unten den komplexen Gins
- Komasa Gin (Japan) – Wer Zitrusfrüchte mag, wird diesen außergewöhnlichen Gin lieben
- Bavaricus Gin made by Ginmacher (Deutschland): Cooler Gin, der feine Bieraromen in den Vordergrund stellt
- Four Pillars Bloody Shiraz (Australien) – Der Gin aus Down Under, der gerne ein Wein geworden wäre
- Bivrost Gin (Norwegen) – ein arktischer Gin, aber eine heiße Empfehlung
- Ki No Tou (Japan) – Ein Old Tom Gin aus Japan? Ja aber hallo und dazu richtig gut
Wie immer freue ich mich auf euer Feedback und wünsche euch ein gesundes, erfolgreiches und Gin-volles neues Jahr.
Euer Doc Joe RG (aka Joerg)